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Sphärische Klänge

MAINZ (9. Dezember 2018). Der harfenbegleiteten Weihnachts-Zyklus „A ceremony of carols“ für Frauenstimmen gehört mit zu den bekanntesten Werken des englischen Komponisten Benjamin Britten. Was weitaus weniger publik ist: Die „Carols“ existieren auch in einer Fassung für gemischten Chor, die in Teilen im Adventskonzert des Ensemble Vocale Mainz unter der Leitung von Wolfgang Sieber zur Aufführung kam; arrangiert hat sie Brittens Landsmann Julius Harrison.

Das Publikum in St. Bonifaz erlebte eine ansprechende Kombination aus beiden: die schlichten Sätze im Original, die aufgrund der Aussage vielschichtigeren in der erweiterten Variante. Schon das kraftvolle Miteinander von Sopran und Alt in „This little babe“ beeindruckte, doch im Tutti gewann die Musik noch mehr an Tiefe. Vor 75 Jahren erstmal aufgeführt besitzen die „Carols“ in lateinischer und altenglischer Sprache noch immer eine bannende Strahlkraft, die auch vom Gesang des Ensemble Vocale ausging. Die Harfe spielte Mónica Rincón, deren filigranes Spiel nicht nur im Interludium bei Britten, sondern auch mit meditativen Klängen in zwei Sätzen aus „D’Automne“ von Bernard Andrès und einer Konzert-Etüde von Félix Godefroid faszinierte.

Da die „Carols“ nicht abendfüllend sind, ergänzte Sieber das Programm mit Motetten, deren Texte sich unter anderem in der Liturgie der Weihnachtszeit finden: „O Heiland reiß die Himmel auf“ von Johannes Brahms (mit bewusster Temporeduktion), „O admirabile commercium“ von Giovanni da Palestrina sowie „Machet die Tore weit“ von Gottfried August Homilius und Andreas Hammerschmidt. Nicht nur hiermit bewies das Ensemble Vocale, wie stilsicher es in allen Epochen der Vokalmusik beheimatet ist.

Ebenfalls doppelt erklang „O magnum mysterium“ – einmal von Francis Poulenc und einmal von Morten Lauridsen. Dieses Werk des 1943 geborenen amerikanischen Komponisten gehört zu einem der beliebtesten Chorstücke weltweit und entstand 1994 in der Einsamkeit von Waldron Island, einer Insel im US-Bundesstaat Washington. Das ist auch in der Musik hörbar: Die neoimpressionistischen Klänge drücken das Staunen über das Wunder der Geburt Jesu aus – eine Geste, die Wolfgang Sieber durch eine fließende Dynamik noch zu unterstreichen wusste.

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