„Da geht der ab durch der Decke“
MAINZ (2.März 2012). Als die Familie Popolski vor Jahren auftauchte, war man begeistert von diesem einfachen, aber grandiosen Einfall: Der Opa erfindet die Popmusik, wird bestohlen und seine Enkel klären die Nation mit exzellenten Konzerten über diesen Skandal auf. Die Geschichte ist mittlerweile Legende.
Und sie birgt nach wie vor Potenzial: Wer dahinter eine musikalische Eintagsfliege vermutete, lag falsch: „Der Familie“ rockt und füllt mittlerweile mühelos die größten Konzertsäle.
Bombenstimmung und richtig gute Musik also auch in der Mainzer Phönixhalle – schließlich hat der Opa 128.000 Top-Hits geschrieben, die noch lange nicht alle wieder im Original erklangen und die die vermeintlichen Superstars wie Madonna, Abba, Karat, Bobby McFerrin, Guns ‘N Roses und wie sie alle heißen total „verhunzet“ haben: „nach der Strich und nach der Faden“!
Pawel am Schlagzeug, Mirek an der Stratocastri-Gitarre, Danusz am Klavier, Henjek und Stenjek am Blech, Merek mit dem Akkordeon und Bassist Janusz sowie Bogdan und Kusinetschka Dorota für den Gesang – die Familie gleicht dem König Midas, der alles was er berührte zu Gold machte: Bei den Popolskis wird eben eine Polka draus. Und Bekanntes klingt gänzlich neu: ein elegant beabsichtigter Stilbruch, perfekt abgemixt.
Ausnahmslos sind sie tolle Musiker wie Schauspieler, die ihre Rolle stringent durchhalten und nur Janusz kippt am Schluss gekonnt heraus: Aus dem schüchternen und von der Verwandtschaft drangsalierten Knaben wird in „Cheri, cheri Lady“ ein Tier mit E-Bass. Der blinde Danusz ist der polnische Ray Charles und ein instrumentales Multitalent: Bei „Ein bisschen Spaß muss sein“ (Auch Du, Roberto!?) bläst er die Trompete wie einst Chet Baker und Pawel ist ein Genie an den Drums.
Wüsste man nicht um die göttliche Komödie da auf der Bühne, man könnte ihnen ihre Geschichten glatt abkaufen: „Der rote Dorota“ als Sexbombe auf zwei Beinen, die gewerkschaftlich verordnete Wodka-Pause, die Verwechslung der chinesischen Mauer mit dem schlesischen Tower. Der Aberwitz schwebt elegant über dem Abend und wird von den Tonjuwelen wie eine Flipperkugel ins begeisterte Publikum katapultiert: „Hello again“, „I’m outta love“, „I wanna dance with somebody“ entlarven selbst Howard Carpendale, Anastacia und Mando Diao als diebische Elstern.
Tierisch geht es in der Oper „Janusz und der Wolf“ zu, denn auch Sergei Prokofiew hat zugelangt: Im „Original“ tritt Isegrim allerdings noch ein Lamm an sie Seite – auf der grünen Wiese und aus 2.000 Kehlen erschallt ein lautes „Hurz“! War jener Sketch von Achim Hagemann (alias Pawel Popolski) und Hape Kerkeling ein echter Höhepunkt der Fernsehunterhaltung, ist dem Drummer und den Seinen mit der Familienaufstellung sowie ihren klingenden Biografien fraglos ein weiterer in der Musikwelt gelungen: „Get the Polka started“! Wer hört schon Pink?