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Feuertaufe bestanden

MAINZ (13. März 2022). Normalerweise beginnt das klassische Mainzer Meisterkonzert mit einer Ouvertüre, gefolgt von einem Orchesterwerk mit Soloinstrument und einer Sinfonie. Doch ausgerechnet zum großen Eröffnungskonzert der Rheingoldhalle sollte das musikalische Entrée fehlen? Tat es nicht, kam jedoch als Überraschung: Michael Francis, Chefdirigent der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, empfing das Publikum der Konzertreihe bei der Rückkehr aus dem dreijährigen Interimsquartier im Schloss mit der „Fanfare for the Common Man“ des amerikanischen Komponisten Aaron Copland.

Das 1942 komponierte Stück sollte damals einen klingenden Kriegsbeitrag leisten – die militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine ließ auch Kulturstaatssekretär Jürgen Hardeck, der sein Grußwort stellvertretend für die Corona bedingt verhinderte Kulturdezernentin Marianne Grosse hielt, nicht unerwähnt. Trotzdem sei es ein Grund zur Freude, dass das kulturelle und soziale Leben endlich wieder stattfinden könne: „Lassen wir also die Botschaft des Humanismus in der Musik auf uns wirken.“ Und so wurde das erste Meisterkonzert an traditioneller Wirkungsstätte auch ein gelungener Anlass, sich einen Abend lang von schlimmen Nachrichten ablenken zu lassen.

Was der Staatsphilharmonie in der bemerkenswert guten Akustik der renovierten Rheingoldhalle bestens gelang: „Very british“ lautete das Motto und die Werke zweier englischer Komponisten gaben dem Orchester genug Raum, um die Wiedereröffnung gebührend zu feiern. Hierfür lotete der Klangkörper in – endlich wieder! – ausladender Besetzung den Raum sowohl mit den leisen Tönen in Edvard Elgars e-Moll-Cellokonzert als auch mit dem überschäumenden Fortissimo der ersten Sinfonie von William Walton trefflich aus. Und trat außerdem den Beweis an, dass man vor Ort nicht nur sinfonische Größe, sondern auch kammermusikalische Intimität abbilden kann.

Daran hatte natürlich auch der Solist des Abends einen Löwenanteil: Cellist Maximilian Hornung überzeugte mit spielerisch sanftem Timbre, körperreichem Klang und einem elegisch-kantablen Ton. Gerade Elgars Cellokonzert kam das mehr als zugute: Während das Orchester Weite atmete, fokussierte Hornung, dessen Solo sich geradezu formidabel in den Tuttiklang einpasste und fast schon als weiteres sonores Register empfahl. Das Pianissimo, das Solist wie Orchester im zweiten Satz zauberten, war schlicht atemberaubend und als Zuhörer fühlte man sich von diesen Tönen umarmt und sanft gestreichelt.

In Waltons Sinfonie besetzte die Staatsphilharmonie dann den dynamischen Gegenpol und flutete den Raum mit Klang. Bei aller Opulenz blieb das Spiel trotzdem transparent. Pulsierend ließ Dirigent Michael Francis die Musik bis zu ihren explodierenden Kulminationspunkten anschwellen – das Funken schlagende Ergebnis war fast physisch spürbar. Ohne auf den die Renovierung in die Länge ziehenden Brand im Mai 2019 anzuspielen kann man ohne Zweifel sagen: Die Rheingoldhalle hat ihre Feuertaufe als Konzertstätte bestanden.

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