Die großen Namen der Zukunft
MAINZ (28. April 2016). Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach hat er bereits gesungen (und auf CD gebannt), ebenso die h-moll-Messe. Jetzt nahm sich der Gutenberg-Kammerchor der Mainzer Universität unter der Leitung von Felix Koch gemeinsam mit dem Neumeyer Consort eines weiteren Bachschen Oratoriums an – neben den sechs Kantaten von BWV 248 hatte der nämlich noch zwei weitere Stücke dieser Gattung komponiert: Jeweils eine Kantate umfassen das Oster- und das Himmelfahrtsoratorium (BWV 11).
Letzteres kombinierte man für Konzerte in der Berliner Gedächtniskirche und jetzt in St. Bonifatius mit zwei weiteren Kantaten: BWV 37 („Wer da gläubet“) hatte Bach 1724 zu Himmelfahrt, BWV 34 („O ewiges Feuer, o Ursprung der Liebe“) um 1746 als Pfingstkantate geschrieben. Und die Künstler des Abends nahmen dies wörtlich, ließen die Musik prachtvoll Funken schlagen – ein wunderbares Konzert mit beseelten Sängern und Instrumentalisten.
Der Gutenberg-Kammerchor mit ausgewählten und besonders talentierten Stimmen (unter anderem aus dem UniChor Mainz) hat sich in den gerade mal drei Jahren seines Bestehens zu einem wendigen Vokalensemble entwickelt, mit dem Dirigent Koch agil und lebendig Barockmusik machen kann. Transparent, genau in der Diktion und homogen besetzt lassen die Sänger keine Wünsche offen. Nicht nur die Mainzer Musikszene muss dafür dankbar sein, dass Koch dem damaligen Wunsch, aus dem großen Chor heraus ein solches Ensemble zu gründen, nachgekommen ist. Mit dem Neumeyer Consort weiß der Dirigent stets einen weiteren verlässlichen Partner an seiner Seite und spürt den Finessen der Bachschen Musik mit brennender Neugier nach.
Der Thomaskantor hat nie nur für den Effekt komponiert, immer schwingt auch die theologische Aussage mit, die durch die Musik verdeutlicht wird: Da ist die Trauer-Arie des Altus in BWV 11, die sich im zuversichtlichen, nur mit hohen Registern begleiteten und daher „himmlischen“ Gesang des Soprans spiegelt. In der Bass-Arie „Der Glaube schafft der Seele Flügel“ in BWV 37 hört man Streicher und Solo-Oboe flattern, im Eingangschor von BWV 34 das besungene „ewige Feuer“ buchstäblich züngeln. In kurzen Kommentaren macht Koch auf solche Besonderheiten aufmerksam.
Mit welchem Leben die örtliche Hochschule für Musik erfüllt ist, dokumentieren aber vor allem die Solisten des Abends: Jasmin Hörner (Sopran), Julien Freymuth (Altus), Christian Rathgeber (Tenor) und Christian Wagner (Bass) erweisen sich mit ihren juvenilen, kraftvollen Stimmen als klangvolle Selektion, die einen in Sicherheit wiegt: Sollten die derzeit großen Namen der Alten Musik irgendwann abtreten, gibt es hier äußerst würdige Nachfolger. Schon heute arbeiten diese Künstler, allesamt ehemalige oder aktive Studierende der Mainzer Hochschule, mit den wichtigsten Dirigenten und Ensembles zusammen – die örtliche Universität darf also stolz sein, solche Talente zu fördern und in derart professionellen Konzerten zu präsentieren.