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Fesselnde Erzählung

MAINZ – „Und der Geist Gottes schwebte auf der Fläche der Wasser.“ Noch bevor der Chor diesen Satz anstimmt, setzt ihn das Mainzer Akademieorchester um. Aus dem weichen, sphärischen Klang schält sich das Wachsen heraus und kündigt Großes an: die Schöpfung – Hob. XXI:2 von Joseph Haydn in St. Stephan.

Vor der Kulisse der Fenster Marc Chagalls, die auch diese Geschichte einfangen, gelang der Mainzer Singakademie unter Alexander J. Süß jetzt eine mustergültige Aufführung des Oratoriums, die kurzweilig durch vitale Prägnanz bis zur letzten Minute fesselte.

Zwar erwies sich der Erwerb des Textheftes als lukrative Investition, da die Akustik in St. Stephan derartig monumentalen Werken nicht gerade entgegenkommt. Doch ließ Süß seine Musiker mit größtmöglicher Prägnanz in der Diktion auf den Nachhall im Kirchenschiff reagieren und verstand es darüber hinaus, diese Klippe als Plattform zu nutzen, von der aus Vokalisten und Orchester in den opulenten Jubelchören einen farbenprächtigen Clusterklang erschufen.

Der „Schöpfung“ von Joseph Haydn liegt eine freie und eigenwillige Nacherzählung der Genesis zugrunde, die sich wiederum aus Bibelzitaten und Versen aus John Miltons „Paradise Lost“ speist. Ebenso pompös ist die stilistische Vielfalt der Partitur, die nichts auslässt, was im späteren 18. Jahrhundert an musikalischen Mitteln aus Oper und Orchestermusik en vogue war.

Alexander J. Süß verstand es vorzüglich, diese Fülle an Ausdrucksmitteln zu nutzen: Die Schilderung des Sonnenaufgangs geriet zutiefst ergreifend und die pointiert drollige Schilderung der Fauna erinnerte gar an den „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns.

Eine äußerst glückliche Hand hatte Süß auch bei der Wahl seiner Solisten: Christiane Libor verlieh ihrem Engel Gabriel mit operettenhaftem Gout sportliche Flügel und die Himmelsboten Raphael und Uriel (Bass Stephan Klemm und Tenor Carsten Süß) gefielen als tiefernste Erzähler mit markant packendem Stil.

Diese Geste geriet vor allem Süß in der Schilderung der „männlichen Herrlichkeit“ Adams mit prickelnder Ironie, die auch der vokale Mime des ersten Mannes, Bariton Uwe Schenker-Primus, mit erhabener Eleganz weiter zu entwickeln verstand. Ihm zur Seite stand Eva (Sopranistin Ina Stachelhaus), die mit hinreißendem Selbstbewusstsein die devoten Verse „O Du, für den ich ward, mein Schirm, mein Schild, mein All!“ intonierte.

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