Auf die Finger geschaut
WÖRRSTADT (12. September 2021). Zur Eröffnung der diesjährigen Internationalen Musiktage Wörrstädter Land kam es in der evangelischen Laurentius-Kirche in Wörrstadt zu einem besonderen Gipfeltreffen, denn just am elften Deutschen Orgeltag begrüßte der Künstlerische Leiter Felix Koch in dem Jahr, in dem die Orgel Instrument des Jahres ist, gleich drei Domorganisten aus drei Bundesländern.
Markus Eichenlaub aus Speyer, Stefan Schmidt aus Würzburg und Winfried Bönig aus Köln spielten an der historischen Stumm-Orgel aus dem Jahr 1759. „Dem Todesjahr Georg Friedrich Händels“, wies Koch auf das zweite große Orgelkonzert am 25. September in Partenheim hin, wo unter anderem der niederländische Barockmusiker Ton Koopman mit Händels Orgelkonzerten zu hören sein wird.
In Wörrstadt erlebte das Publikum indes mehr als ein reines Konzert: Auf eine große Leinwand vor dem Altar übertrug Kevin Dammert vom SWR das Orgelspiel der drei Künstler, so dass die Zuhörer ihnen buchstäblich auf die Finger schauen konnten und erlebten, dass nicht nur im Fußball eine koordinierte Beinarbeit „Spiel entscheidend“ sein kann. Die drei Organisten musizierten Werke aus fünf Jahrhunderten: Werke unter anderem von Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Pachelbel und Camille Saint-Saëns sowie eigene Improvisationen.
Auch die Werkauswahl präsentierte die ganze Klangbreite, die man auf dem zweimanualigen Instrument mit seinen 30, über den Tastaturen angeordneten Registern abbilden kann: spätromantische Melodieführung wie bei Georg Schmitts (1821-1900) Grand Chœur „Magnificat solennel“, bei dem man nach dem festlichen Moderato im tremolierenden Andantino fast eine Drehorgel zu hören glaubte, erhebender Crescendoklang in Bachs bekannter G-Dur-Fantasie oder ganz schlichter Ton im ohne Pedal musizierten Choralvorspiel „Schmücke Dich, o liebe Seele“ von Johannes Brahms.
Drei Organisten spielten 13 Stücke von zehn Komponisten. Und dass hier tatsächlich die Crème de la Crème der deutschen Orgelszene auftrat, merkte man auch an der klugen und geschmackvollen Registrierung, die den unglaublichen Farbenreichtum des historischen Instruments zum Leuchten brachte. Den Höhepunkt bildete schließlich die Zugabe, als Dekanatskantor Peter Meyer den Gästen auf „seiner“ Orgel mit dem Choral „Nun danket Gott und bringet Ehr“ ein Thema vorgab, über das dann im fliegenden Wechsel und somit ohne Unterbrechung zu improvisieren war: Winfried Bönig nutze die Registersteigerung zu einer spannenden Dynamikgestaltung, Markus Eichenlaub ließ die Orgel mit dem Krummhorn swingen und Stefan Schmidt erging sich schließlich in kunstvollen Modulationen – stehende Ovationen und spürbare Freude, endlich wieder live ein Konzert genießen zu dürfen.
Weitere Informationen zum Festival finden sich hier: https://www.woerrstaedterland.de/internationale-musiktage-woerrstaedter-land