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Frühlingserwachen kurz vor Neujahr

MAINZ – Während die Nacht zuvor die kälteste des Jahres war und auch am vorletzten Tag des Jahres klirrende Kälte die Domstadt im Griff hatte, durchwehten im Stammhaus von Villa Musica in Mainz musikalische Frühlingsdüfte den Konzertsaal. Und das lag nicht nur am frischen und energiegeladenen Spiel von Andrea Kim (Violine) und Marianna Shirinyan (Klavier).

Es war vor allem die Werkauswahl, die diesem Konzert etwas Lenzhaftes gab: Ludwig van Beethovens „Frühlingssonate“ Nr. 5 F-Dur op. 24 war das erste, was die beiden äußerst harmonisch miteinander musizierenden Künstlerinnen darboten. Und tatsächlich hörte man – ganz getreu dem aktuellen Saisonmotto von Villa Musica „Wie ein Naturlaut“ – im verspielten Allegro des ersten Satzes Schmetterlinge flattern. Das Nachahmen, schon immer ein Motiv, dem die Komponisten nur zu gerne nachgingen, war in den markant gespielten Dialogen zu hören und geriet fast schon zu einem vitalen Wettbewerb.

Doch auch der Frühling hält seine „Stimmungsschwankungen“ bereit, denen Kim und Shirinyan im folgenden Adagio eindringlich nachspürten: Zart gewoben und dicht spielten die Musikerinnen hier ansprechend sensibel, wobei das schwingende Vibrato der Violine besonders gefiel – statt aufbrechender Knospen herrschte hier eine friedvolle Stimmung vor. Bevor die Sonate im gefälligen Rondo auslief, wurde ihm im einher stolpernden Scherzo nochmals eine humorvolle Note gegeben.

Der folgenden „Thuner-Sonate“ op. 100 von Johannes Brahms (Nr. 2 in A-Dur) wohnten ähnliche „Launen“ inne: ein schwebendes und doch mit Verve gespieltes Allegro amabile, ein breit und klangverliebt intoniertes Andante tranquillo mit seinen kecken Vivace-Passagen und schließlich das in sich ruhende Allegretto grazioso – tatsächlich konnte man jene Verse des Dichters Klaus Grothe, die der Komponist als verstecktes Motto seiner Sonate wählte, sowohl aus dem Werk als auch aus dem Spiel von Andrea Kim und Marianna Shirinyan heraushören: „Wie Melodien zieht es / mir leise durch den Sinn, / wie Frühlingsblumen blüht es / und schwebt wie Duft dahin.“

Nach so viel Romantik verlangte es förmlich nach etwas Kernigem – einem Wunsch, dem man mit der „Carmen-Fantasie“ nach Bizet von Franz Waxman nur zu gerne nachzukommen schien: Mit Esprit und Dramatik spielten die Künstlerinnen die Melange aus süßem Ton und rassigem Klang und setzten die optische Brillanz des Feuerwerks an Silvester bereits am Vorabend äußerst attraktiv um.

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