» Musik

Loreley in Stücke gesägt

BINGEN (1. August 2014). Die großen Jazz-Musiker hat es schon immer gereizt, klassische Klänge mit ihrer Musik zu mischen: Benny Goodman, Stan Getz, das Bill Evans Trio, Gerry Mulligan oder Siegfried Schwab, David Gazarov, das Thomas Gabriel Trio. Natürlich nicht zu vergessen: Jacques Loussier. Er spielte Bach, Beethoven, Chopin, Debussy, Händel und Ravel. Selbst Arien Bachs wurden vom Tenor Martin Petzold und dem Stephan König Trio in jüngster Zeit verjazzt.

Neu ist die Idee also nicht, aber nach wie vor bleibt sie spannend und inspirierend. In einem Konzert des Festivals RheinVokal fügten die SWR Big Band und das SWR Vokalensemble Stuttgart diesem Genre noch eine vielversprechende Facette hinzu: Komponisten wie Helge Sunde, Marco Lackner, Klaus Wagenleiter und Ralf Schmid nahmen sich bekannter Volkslieder unter anderem von Friedrich Silcher an und banden sie in Arrangements für Chor und Big Band ein.

Nun liegt es in der Natur eines Experiments, dass es scheitern kann. Und auch wenn man zwischen den einzelnen Stücken sicherlich differenzieren muss, so stellt sich doch die Frage, ob sich die Vokalmusik der Romantik mit ihren mannigfaltigen Schattierungen für eine solche Mixtur eignet.

Durch den Abend führte Annette Postel, deren wenig kurzweilige Moderation eigentlich nur durch einen Kostümwechsel in der Pause ein wenig an Farbe gewann. Sehr viel beeindruckender war die Qualität der Darbietung: Das von Morten Schuldt-Jensen dirigierte SWR Vokalensemble Stuttgart überzeugte durch einen makellosen Klang, auch wenn die dem satten SWR Big Band-Sound geschuldete Verstärkung durch Lautsprecher den Ton etwas blechern ausfallen ließ.

Da erklingt „Not really the blues“ von Johnny Mandel, für Big Band arrangiert von Samy Nestico und auch Billy Strayhorns „Take the A-Train“ (Arrangement: Bob Florence) beeindruckt, zumal das Flügelhorn verschmitzt die „Schwäb‘sche Eisenbahn“ mitfahren lässt. Grandios ist Marc Nightingales „Flight oft he Bumble Bee“ nach Nikolaj Rimskij-Korsakovs „Hummelflug“, in dem Marc Godfroid ein atemberaubendes Posaunensolo gibt.

Aber da ist eben auch Sundes „Lore-Ley“, das den Heine-Text seltsam zersägt ertönen lässt. Zuweilen sind die bekannten Melodien von den swingenden Akkorden regelrecht verschüttet. In „Wenn ich ein Vöglein wär“ hingegen schmiegen sich Flöte und Klarinette betörend an zwei Frauensoli – mal passt das Arrangement, mal verstört es. Letztendlich kelterte man für das Programm „Loreley Swing“ aus einem spritzigen Riesling und einem vollmundigen Spätburgunder eine abenteuerliche Cuvée. Und das ist eben, wie so oft: Geschmackssache.

zurück