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Erfrischendes Bad am Moldaustrand

MAINZ (7. September 2013). Für den einen ist es pures Zuckerbrot, für den anderen eher die Peitsche: Manch Musiklehrer will seinen Schülern etwas Gutes tun, indem er sie in unbekannte klangliche Gefilde führt, doch der Pennäler ist vom vielleicht Zeitgenössischen eher genervt. Dann doch lieber auf Nummer sicher gehen: Die „Moldau“ von Bedřich Smetana (1824-1884) ist so ein Stück Musik, mit dem man jeden begeistern kann, so bildhaft strömt der Fluss durch die Partitur.

Dieser „Klassik-Hit“ schlechthin stand daher auch auf dem Programm des ersten Mainzer Meisterkonzerts, mit dem das Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter der Leitung von Daniel Raiskin die neue Saison mit Verve eröffnete. Neben Smetana gab es in der Rheingoldhalle Antonín Dvořák (1841-1904) zu hören: die Slawischen Tänze Opus 46 und das a-moll-Violinkonzert Opus 53 in einer hinreißenden Interpretation von Hrachya Avanesyan.

Dass die „Moldau“ den Anfang machte, wirkte wie ein kleines Sinnbild, schließlich wird sich auch die Konzertsaison noch entwickeln: Von den ersten murmelnden Flötenläufen bis zum reißenden Fluss hat Smetana hier Programmmusik pur geschrieben. Raiskin nimmt sein Publikum wortwörtlich mit auf eine Reise und befährt den Melodiefluss in großen Bögen: wilde Hatz, jauchzender Tanz sowie lunare Melancholie, auf der die Firnis der Streicher wie Tau liegt.

Das Programm des Meisterkonzerts stellte mit „Šárka“ allerdings auch ein weiteres Stück des fünfteiligen Zyklus „Má Vlast“ (Meine Heimat) vor: Auch hier malte der Komponist mit Tönen und Dirigent Raiskin lässt das klangvoll geschilderte Märchen in wunderbaren Farben erzählen. Keine Frage: Die „Moldau“ und „Šárka“ machten in der Adaption der Rheinischen Philharmonie Lust, das heimische CD-Regal nach „Má Vlast“ zu durchforsten und den Reigen einmal wieder in Gänze zu hören.

Ein Hochgenuss war zweifelsohne auch Dvořáks Violinkonzert in a-moll: Hrachya Avanesyan musiziert dieses Werk wie ein Ausrufezeichen. Die fast schon ein wenig trotzige Anmutung verleiht seinem Spiel jedoch kantige Kontur: Mal setzt sich sein Bogenstrich sanft wie ein Schmetterling auf den Hörnerklang, mal gleicht er einer wütenden Wespe. So, wie „Má Vlast“ Stillleben, Idyll und Drama zugleich ist, zeichnet sich auch Opus 53 durch atmosphärische Dichte aus, die der Solist auf seine Art ausdeutete: introvertiert und dadurch ausdrucksstark.

An diesem Abend stellte indes nicht nur die „Moldau“ Musik aus der Rubrik „Immer wieder gern gehört“ vor: Auch die Slawischen Tänze Dvořáks erfreuen sich großer Beliebtheit und schon kurz nach ihrer Uraufführung 1878 war die Nachfrage übergroß. In Mainz standen sie am Schluss des ersten Meisterkonzertes und begeisterten mit pulsierendem Skočná und einem hemiolenverwöhntem Furiant.

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