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Musikalisches Frühlingserwachen

MAINZ (16. März 2013). Auch wenn der Lenz astronomisch erst am 20. März beginnt schien sich die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz eher am meteorologischen Frühlingsanfang am 1. März zu orientieren, denn ihre Wiedergabe von Robert Schumanns erster Sinfonie B-Dur op. 38, der „Frühlingssinfonie“, geriet vital und anregend frisch.

Majestätisch eröffnet das Andante des ersten Satzes, in dem das Hauptthema vom markanten Rhythmus der Eingangsmotivik beherrscht wird. Gleich zu Beginn erklingt eine Art Motto in den Bläsern, das als ständiges Zitat durch alle weiteren Sätze geistert, immer wieder anders akustisch illuminiert und variiert.

Der Staatsphilharmonie unter der Leitung von Karl-Heinz Steffens gelang nicht nur dies äußerst pointiert: Atemberaubend waren die Crescendo-Bögen, deren intensives Wachsen fast schon physisch spürbar wurde. Packend dicht geführt gelang das Larghetto, schwungvoll das Scherzo des dritten und tänzerisch grazil das Allegro des vierten Satzes.

Den Abend eröffnete die Staatsphilharmonie stilistisch aufwühlend mit dem Konzert für Orchester von Christian Jost, der selbst Teil des aufmerksamen Publikums war: Wollte Schumann in seiner Frühlingssinfonie ganz bewusst nicht „malen“, schuf Josts Konzert ein bedrückendes Abbild der städtischen Rastlosigkeit.

In „Fluchten“ erklingt geordnetes Chaos, ein urbanes Klanggemälde, in dem das Individuum versinkt. Zum Glück aber findet es in „Oasen“ Ruhepunkte, die wie die flimmernden Lichter der Großstadt anmuten: Enharmonische Klangflächen mit durch Reibungen erzeugter Statik bergen dennoch pulsierendes Leben, das aber wie von einer Dunstglocke gedämpft erklingt.

Im „Strom“ kehrt das elektrisierende Treiben zurück und bricht sich gleichsam im finalen „Glas“: Hier erklingt die Hektik wie in Zeitlupe, so dass Bewegung nicht allein durch Dynamik, sondern vor allem durch Agogik erschaffen wird: Steffens und der Staatsphilharmonie gelang dieser kompositorische Kunstgriff meisterhaft.

Jost und Schumann bildeten die Klammer für den solistischen Auftritt des Abends. Und der war Johannes Brahms gewidmet: In seinem Doppelkonzert a-moll op. 102 erwiesen sich die Solisten Mihaela Martin (Violine) und Frans Helmerson (Violoncello) als harmonische Dialogpartner, deren kammermusikalischer Duktus dem Virtuosen etwas reizend Intimes verlieh.

Martins brillanter Geigenton mischte sich perfekt mit dem warmen, vollen Celloklang Helmersons, wodurch das Publikum eine innige Umsetzung der Metapher „Frühlingserwachen“, die dem Meisterkonzert seinen Namen lieh, erlebte: Johannes Brahms beendete nämlich mit diesem Werk seine Fehde mit dem Geiger Joseph Joachim und die alte Freundschaft kam zu neuer Blüte.

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