Treffpunkt Moskau
MAINZ (5. Mai 2013). Ob die Programmplaner, die dem jüngsten Mainzer Meisterkonzert seinen Namen gaben, wohl ein cineastisches Vorbild hatten? „Treffpunkt Moskau“ ist nämlich auch der übersetzte Titel einer Agentenkomödie aus Großbritannien.
Statt um Atomversuche und neuartige Wasserklosetts im Stoff der Drehbuchautoren Jack Davis und Michael Pertwee, den Regisseur Mario Zampi 1952 auf Zelluloid bannte, ging es auf dem Konzertpodium um eine attraktive kompositorische Zusammenkunft der russischen Komponisten Peter Tschaikowski (1840-1893) und Sergej Prokofjew (1891-1953). Und statt der Mimen George Cole, Nadia Gray und Oskar Homolka durfte das Publikum in der Rheingoldhalle die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Dirigent Dmitrij Kitajenko sowie den Cellisten Daniel Müller-Schott erleben.
Mit dem in Leningrad gebürtigen Maestro Kitajenko gesellte sich zu den beiden Komponisten an diesem Abend also der dritte Russe. Und der hatte in der Vergangenheit gerade mit der Beschäftigung mit seinen Landsleuten Schostakowitsch und eben auch Prokofjew und Tschaikowski mit dem Gürzenich-Orchester Köln für Furore gesorgt. Dass er auch die Deutsche Staatsphilharmonie entsprechend inspirieren kann, erlebte das Mainzer Publikum nicht nur mit Tschaikowskis 4. Sinfonie f-moll op. 36.
Es ist die „Schicksalssinfonie“ des Komponisten und orientiert sich damit thematisch an Beethovens Opus 67. Richtungsweisend ist natürlich die dramatische Fanfare im Andante des ersten Satzes. Das Orchester arbeitet sich packend durch den ausgedehnten Sonatensatz und besticht dabei durch Klangpracht sowohl im Großen wie im Kleinen: Das „Fatum“ des Beginns wandelt sich vom Schatten zum Licht (und zurück), wobei Kitajenko den Zuhörer diese Stimmungsumschwünge hautnah miterleben lässt. Spielerisch ist vor allem das Scherzo des dritten Satzes eine Ohrenweide: Er besteht laut Komponist „aus launischen Arabesken, flüchtigen Bildern, die die Phantasie durchstreifen, wenn man etwas Wein getrunken hat“; entsprechend beschwingt spielt der Klangkörper das filigrane Pizzicato der Streicher, die folgenden Holzbläserpassage und den markanten Marsch der Bläser.
Nicht nur Tschaikowskis vierte Sinfonie, auch das Konzert für Violoncello und Orchester op. 125 von Sergej Prokofjew wurde in Moskau uraufgeführt – damals interpretiert vom legendären Mstislaw Rostroprowitsch (1927-2007), bei dem auch der Solist des Abends privaten Unterricht genoss: Daniel Müller-Schott stellte sich hier einem der anspruchsvollsten Werke der Cello-Literatur und brillierte dabei mit blutvollem Ton und nuancenreichem Spiel. Im Andante des ersten Satzes umspielte er das Tutti kantabel und glänzte sowohl in den kammermusikalischen als auch in den sinfonischen Partien. Gespiegelt in den kraftvollen Rhythmen und der weiträumigen Melodik schuf Müller-Schott vor allem in den Solokadenzen geradezu intime Momente.