Forsches Forte und pointiertes Piano
MAINZ (25. September 2020). Der Pianist Martin Stadtfeld ist in Mainz kein Unbekannter: Bei der Villa Musica war er Stipendiat, er ist geschätzter Interpret und seit 2019 als Komponist beim Schott-Verlag unter Vertrag, wo im vergangenen November seine Händel-Variationen erschienen.
Nun eröffnete er die Saison der Mainzer Meisterkonzerte im Kurfürstlichen Schloss mit dem zweiten Klavierkonzert Ludwig van Beethovens – auch in dieser Reihe war er schon als Solist zu hören. Nach ersten Corona-Lockerungen konnte vor Ort bereits der Mainzer Musiksommer erfolgreich durchgeführt werden – nun folgte das erste Meisterkonzert vor rund 200 Zuhörern – selbstverständlich im Einklang mit den gültigen Abstands- und Hygieneregeln.
Eigentlich hätte die Klassikszene 2020 weltweit ja Beethovens 250. Geburtstag gefeiert, doch die Pandemie führte zur Absage dieser globalen Musik-Party. Umso mehr genoss man daher Stadtfelds Interpretation des B-Dur-Klavierkonzerts op. 19. Die Soiree war überschrieben mit dem Begriff „Charakterköpfe“ – durchaus eine Beschreibung sowohl des Komponisten als auch des Interpreten: Stadtfeld hat seinen eigenen Kopf, so dass man ihn interpretatorisch in keine Schublade stecken kann – wenn man das überhaupt wollte.
An diesem Abend lässt er sich hingebungsvoll in den Orchesterklang fallen – die Rheinische Philharmonie unter der Leitung von Garry Walker fängt ihn geradezu liebevoll auf: Im Allegro des ersten Satzes scheint Stadtfeld auf seinen Trillern geradezu ins Tutti hineinzugleiten. Dann gleicht sein harter, ja zuweilen fast zorniger Anschlag wieder fast Nadelstichen – es ist vor allem auch die geschmeidige Dynamik, die aufhorchen lässt: hier ein forsches Forte, da ein pointiertes Piano.
Auch das Orchester überzeugt mit butterweichem, sanftem Klang ebenso wie mit akzentuiertem, konturreichem Spiel. Das federnde Dirigat Walkers wird von den Instrumentalisten ohne Reibungsverluste abgenommen. An diesem Abend musiziert man auch die fünfte Sinfonie von Franz Schubert in B-Dur D 485: energiegeladen im ersten Satz mit brodelnden Bässen und aufblitzenden Streicherakkorden, tiefenentspannt im folgenden Andante, das den im Programmheft erwähnten Klangstrom trefflich abbildet. Im finalen Allegro zeichnen die Streicher gar Feuerwerksraketen gleich klingende Leuchtspuren in die wieder einmal bemerkenswerte Akustik des Kurfürstlichen Schlosses – gelungener könnte ein Saisonauftakt kaum ausfallen.
Wie bereits bei den Konzerten des Musiksommers wurde auch dieses rund 70-minütge Meisterkonzert, das ohne Pause erklang, am selben Abend noch einmal wiederholt, damit möglichst viele Klassikfreunde in den Genuss der Musik kommen konnten. Das gilt auch für die kommenden Veranstaltungen der Reihe am 1. November sowie 5. und 13. Dezember.