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Mozart war da

MAINZ (22. Juli 2016). Gerade an historischer Stätte ist es eine Unsitte, sich mit einem Graffito zu verewigen – ob an den Stiegenwänden des Doms zu Florenz oder auf den Zinnen einer Trutzburg am Rhein. Hätte auch schon im 18. Jahrhundert jeder sein Dasein dermaßen dokumentiert, wäre vielleicht irgendwo im roten Sandstein des Kurfürstlichen Schlosses ein Namenszug eingeritzt: „Ich war da – Wolfgang Amadeus“.

Mozart, der dann doch lieber Noten als Graffiti schrieb, war tatsächlich genau hier, im großen Saal des Schlosses, dem damaligen Akademiesaal. Im Jahr 1790 war das. Vielleicht hat der Komponist dort ja seine damals neue Sinfonie Nr. 40 g-moll gespielt? Das mutmaßt zumindest der Mozartkenner Karl Böhmer im Programmheft des Mainzer Musiksommers, der mit einer langen „Mozartnacht im Schloss“ seinen Konzertreigen eröffnete. Statt Kurfürst Friedrich Carl Joseph von Erthal und seiner Hofgesellschaft lauschte hier jedoch ein begeistertes Auditorium – Mozart ist und bleibt ein Publikumsmagnet.

Auch besagte Sinfonie, KV 550, stand in ihrer Urfassung ohne Klarinetten auf dem Programm, das von der Camerata Villa Musica unter der Leitung des polnischen Geigenvirtuosen Radoslaw Szulc musiziert wurde. Zu hören waren außerdem das brillante Violinkonzert Nr. 5 A-Dur (KV 219), das Streichquintett in g-moll (KV 516) sowie die Divertimenti in F- und Es-Dur (KV 138 und 289).

Mit ersterem eröffnete das Konzert äußerst frisch und vital. Mozarts Musik ist hier besonders unmittelbar, was Dirigent Szulc dankbar aufgriff. Mit frischem Tempo und akzentuiert spielte er mit der Camerata das Allegro, hielt klangverliebt im breiten Andante inne, um nachher im Presto fast schon mechanisch wieder an Fahrt zu gewinnen. Ohnehin setzt der Geiger auf eine eher romantisch gefärbte, effektvolle Mozartinterpretation.

Musizieren in der Camerata Villa Musica nach eigener Aussage besonders talentierte Stipendiaten der Landesstiftung, zeigte sich im Es-Dur-Divertimento, das auch diese „Young Professionals“ ihr Spiel immer noch optimieren können: Die Gestaltung der Satzenden fiel leider stets äußerst abrupt aus, die Pausen gerieten viel zu lang. So schmeckte der mit dem Werkinneren servierte Sekt zuweilen doch arg nach Selters.

Ganz anders das Violinkonzert, das Radoslaw Szulc spielte und dirigierte, wobei sich der Solist vor allem auf seine Partien konzentrierte – die Führung funktionierte auch ohne große Geste. Hier glänzte der Geiger mit einfühlsamem und impulsivem Ton, mal sinnlich, mal energisch, doch stets virtuos. Vor allem im morgenländisch angehauchten Finale prickelte die Spannung und das Selters aus der Partie zuvor wurde wieder zum angenehm moussierenden Sekt.

Dass der Solist auch ein brillanter Teamplayer ist, bewies Szulc im Streichquartett g-moll. Damit komplettierte die durch zwei Pausen dreigeteilte „Mozartnacht im Schloss“ den stilistischen Blick auf das instrumentale Œuvre des Komponisten. KV 516 ist dabei ein besonders elegisches Stück: Zwei Violinen, zwei Bratschen und ein Cello – der dunkle Grundton dieser Musik animierte die Künstler zu einer gefühlvollen Auslegung.

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