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Eine Stimme füllt den Raum

MAINZ (17. August 2017). Schon als die ersten Takte von „Triste estaba el rey David“ von Alonso Mudarra (~1508-1580) erklingen, ist man von dieser Stimme ergriffen, so raumgreifend füllt sie die Seminarkirche aus.

Eigentlich würde man ein Duo aus Sopran und Gitarre ja eher in der intimeren St.-Antonius-Kapelle als weiterer Spielstätte des Mainzer Musiksommers vermuten, doch wäre dieser Raum für Romina Bassos Organ viel zu klein. Gemeinsam mit dem Gitarristen Alberto Mesirca musizierte die italienische Sängerin jetzt ein Programm mit Werken von der spanischen Renaissance über die Epoche des Barock bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts.

Wobei es pure Untertreibung ist, wenn sich Basso als Mezzosopran ausweist, denn auch wenn selbst dieser Stimme in der Höhe und Tiefe natürliche Grenzen gesetzt sind, werden sie mit Verve ignoriert: Die Künstlerin beeindruckt mit einer vokalen Präsenz, deren Geradlinigkeit den Stücken besondere Vitalität einhaucht. Da hätte es die phasenweise etwas aufdringliche Gestik eigentlich gar nicht gebraucht. Doch zeigt auch dies, wie sehr Basso in den von ihr erzählten Geschichten versinkt – und das Publikum gleich mitzieht.

Man hört Klagelieder, Kantilenen von Liebe und Schmerz, vom „schönen Frühling in seinem geschmückten Kleid“, wie es in „Que se lleva las almas“ von José Marín (1618-1699) heißt, oder von der „fröhlichen Theorbe Nachtigall“, die mit perlenden Koloraturen beschrieben wird. Hin und wieder sinkt die Intonation am Ende einer Phrase, doch ist Bassos Kunst ansonsten über jeden Zweifel erhaben.

In Maríns „Tortorilla si no es por amor“ werden kleinste Intervalle mit ungekünsteltem Glissando zur perfekten tonalen Rundung abgeschliffen, größere mit perfektem Lagenausgleich gestaltet. In den sephardischen Romanzen mit ihren rauschhaften Melodieflüssen geht Basso dann vollends auf, wodurch die einfache Ballade zum großen Musiktheater wird.

An ihrer Seite musiziert Alberto Mesirca an der klassischen Konzert- wie an der Barockgitarre als treuer Liedbegleiter, der die erzählten Geschichten effektvoll untermalt. Solistisch spielt er meisterhaft Isaac Albéniz (1860-1909) „Granada“, „Pavana“ „Jacaras“ und das bekannten „Canarios“ von Gaspar Sanz (1640-1710) sowie Mudarras „Fantasia que contrahaze la harpa en la manera de Ludovico“. Mit perfekt dosierter Agogik verleiht er den Werken Kontur, ohne je manieriert zu wirken.

Dabei spielt er die Barockgitarre mit der Transparenz der Laute federleicht und klar, tariert Contrapunktik und Chromatik und gleicht die fehlende Tiefe des Instruments durch hochvirtuose Fingerfertigkeit und eloquentes Spiel mühelos aus. Das ungeschriebene Gesetz, dass Phrasierungen immer dynamisch umgesetzt werden müssen, setzt Mesirca dabei unbekümmert außer Kraft und drückt der Musik damit unverkennbar seinen atmosphärischen Stempel auf.

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