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Ein Stück konzertante Normalität

MAINZ (23. Agust 2020). Strahlend ging der Mainzer Musiksommer zu Ende, obwohl Corona anfangs dunkle Wolken aufziehen ließ und seine Durchführung komplett in Frage stellte. Doch ein praktikables Hygienekonzept und die Bereitschaft aller Künstler, mit gekürzten Programmen zwei Mal an einem Abend aufzutreten, sorgte dafür, dass die Reihe auch in diesem Jahr das klassische Musikleben vor Ort bereicherte – und in den vergangenen Wochen sogar nahezu allein bestimmte.

Traditionell gehört das Finale des Festivals mittlerweile den Blechbläsern – diesmal Urban Brass. Das vor fünf Jahren von Studierenden der Musikhochschule Stuttgart ins Leben gerufene Ensemble vereint Musiker, die mittlerweile fast sämtlich Spitzenpositionen in deutschen Profiorchestern besetzen. Im Schloss präsentierte man ein abwechslungsreiches Programm mit Werken von Paul Dukas und André Lafosse, Gustav Mahler und Ennio Morricone sowie Duke Ellington, Leonard Bernstein und George Gershwin.

Ein Jahrhundert Musik also. Und doch klangen die Bearbeitungen für jene Formation, die erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts besteht, unglaublich vielschichtig. Nehme man nur „Moments for Morricone“, eine respektvolle Verbeugung vor dem erst am 6. Juli verstorbenen, großen Film-Komponisten: Da erklingt der Soundtrack des Oscar-prämierten Dramas „Mission“ mit extrem sattem Klang – doch statt der Oboe, die Jeremy Irons im Film als Pater Gabriel spielt, wird das Thema erst von der Posaune und dann von der Trompete butterweich intoniert; und natürlich erklingt auch die berühmte Melodie aus „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Wie bei allen guten Blechbläser-Formationen ist auch bei Urban Brass jeder Künstler ein herausragender Solist und spiegelt sich im harmonischen Gesamtklang. Das darf dann gerne auch mal ein knackig-kurzes Solo der Tuba sein, die nicht nur in Gershwins „Four Hits for Five by George“ behände Wendigkeit beweist. Man spürt in jedem Stück die Begeisterung der jungen Bläser am gemeinsamen Spiel. Dabei wird der Reiz des Arrangements jeweils dann besonders deutlich, wenn die Musiker es verstehen, die klanglichen Möglichkeiten ihrer Formation mit den Gegebenheiten der Originalkomposition zu harmonisieren. Herausragend gelingt dies Urban Brass sowohl bei Mahlers „Urlicht“ als auch bei Ellingtons „It don‘t mean a thing if you ain’t got that swing“ oder Bernsteins bekannten Melodien der „West Side Story“.

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