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Furioses Finale

MAINZ (18. August 2022). Das Publikum in der Seminarkirche begibt sich an diesem Abend ins London des 17. Jahrhunderts, wo die italienischen Opern des Deutschen Georg Friedrich Händel Gegenwind bekommen: Man will englischsprachige Musik hören. Ausgerechnet ein Landsmann des Hallensers führt die Kampagne an: Johann Christoph Pepusch. Dorothee Mields (Sopran) und Stefan Temmingh (Blockflöte) stellen von beiden Meistern Lieder und Kantaten vor.

Die Künstler verbindet eine langjährige musikalische Partnerschaft: Der eine spielt die Blockflöte höchst virtuos, die andere hat eine kraftvolle Stimme, die Wärme verströmt und jede Koloratur mühelos nimmt, als würde sie dabei sprechen. Und auch Temminghs Vortrag ist nicht nur Musik: Er erzählt, wie in „When Daphne d’over schoone Maeght“ von Jacob van Eyck, eine Geschichte und folgt damit dem Dictum des seinerzeit in London gefeierten Francesco Geminiani, dass sich jedes Instrument an der Natürlichkeit der menschlichen Stimme zu orientieren habe.

Themminghs Spiel ist genau so: natürlich, nicht manieriert, übertrieben. Weswegen er auch so hervorragend mit Mields Sopran harmoniert. Die scheint an diesem Abend jedoch nicht so ganz bei der Sache, ist zu sehr in den Noten, zu wenig beim Publikum. Erst in der letzten Kantate, Händels „Mi palpita il cor“ (HV 132b) nimmt sie die Kommunikation richtig auf, flirtet mit ihren Zuhörern, gestaltet endlich.

Und so finden sich die Höhepunkte dieses Konzert dieses vorletzten Konzertes des Mainzer Musiksommers im Instrumentalen: Gemeinsam mit Wiebke Weidanz (Cembalo) und Domen Marinčič (Gambe und Violoncello) stellt Temmingh in Arcangelo Corellis F-Dur-Sonate op. 5, Nr. 10 seine ganze Meisterschaft unter Beweis. Eigentlich ein Stück für Solovioline hat es der Flötist für sein Instrument arrangiert und spielt schlicht furios: Die Finger flitzen nur so über die Löcher, das Preludio gerät sanft und doch klangvoll. Im finalen Allegro löst sich Temmingh zeitweise vom Metrum her von seinen Partnern, um sich am Ende einer Phrase immer wieder punktgenau mit ihnen zu treffen. Das ist einfach grandios!

Das anschließende „A Division on a Ground by Mr. Eccles“ von Solomon Eccles ist ruhiger: Temmingh hat die Sopran- durch eine Altblockflöte gewechselt und schlägt mit Weidanz und Marinčič fast schon meditative Töne an. Es ist solch engagierten Künstlern wie ihm zu verdanken, dass die Blockflöte so etwas wie eine Renaissance erlebt. Gut, dass der Mainzer Musiksommer hierfür immer wieder eine Bühne bietet.

Der SWR hat dieses Konzert mitgeschnitten und sendet es am 16. November 2022 ab 13.05 Uhr im SWR Mittagskonzert.

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