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Texte wie in Watte gepackt

MAINZ (17. März 2012). Nach drei Alben mit fetzigem Big Band-Sound, der solide unter den gelungenen Texten von frech-witzig bis zu nachdenklich-melancholisch swingt, wendete sich Roger Cicero jüngst mit einer neuen, eigenen Facette an seine Fans: ruhiger, introvertierter, gereifter. „In diesem Moment“, vor knapp einem halben Jahr auf den Markt gekommen und stilistisch über Pop, Funk und Disco aufgefächert, überraschte und überzeugte gleichermaßen.

Just in der Mitte der Deutschlandtour ist Roger Cicero auch vor Ort Publikumsmagnet: Die Mainzer Phönixhalle ist nahezu ausverkauft und die Fans hängen an den Lippen des smarten Sängers mit dem Sinatra-Hut. Die typische Triblyform der 50er-Jahre-Kopfbedeckung hat er noch immer auf – und nicht nur er: Das Markenzeichen sitzt auch keck auf manchem Kopf im Auditorium.

Die Voraussetzungen für einen klasse Abend sind also gegeben und auch die Bühne, zu Beginn in leichte Nebelschwaden gehüllt, verspricht eine gediegene Show: Ciceros Big Band nimmt den ganzen Raum ein und ein Treppenpodest gibt dem Sänger genügend Raum für elegante Choreografie vor effektvoll eingespielter visueller Kulisse. Das Publikum ist folglich auch gänzlich aus dem Häuschen, als Cicero mit dem ersten Song bezeichnend „Alles kommt zurück“ intoniert: Mag das für die Geliebte nicht zutreffen, die Fans jeden Alters sind ihm treu.

Es könnte also richtig toll werden. Doch der Ton ist derart schlecht abgemischt, dass man die kongenialen Verse Ciceros über weite Strecken nur erahnen kann. Der fette Blaser-Sound wird zum adipösen Klangrausch und die Musik stülpt sich wie eine Glocke über den Gesang, so dass man sich vorkommt, als würde man ein wunderschönes Gemälde nur durch Milchglas betrachten können: Seine Konturen sind eher verschwommen erkennbar, aber die deliziösen Feinheiten sind nicht zu sehen – tragisch, wenn man um sie weiß. Dass Cicero als nächstes „Keine halben Sachen“ singt, ist dann fast schon wieder komisch.

Viele scheint das aber nicht zu stören: Echte Fans kennen die Texte von „Spontis zeugen Banker“, „Ich Idiot ließ Dich gehen“, „Fachmann in Sachen Anna“ oder „Nicht für mich“ ohnehin auswendig. Und das Bad in der Menge wird für jene Besucherin, die sich ihrem Star gleich an den Hals wirft, ohnehin der eigentliche Höhepunkt gewesen sein: „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich noch rasiert“, kontert das Objekt der Begierde charmant.

Leider nur an wenigen Stellen, wenn es etwas leiser wird, bricht die akustische Wolkendecke auf: Von „Sting“ singt Cicero „Brought to my senses“ und begleitet sich dabei selbst auf der Gitarre. Gemeinsam mit Pianist Maik Schott fragt er sinnlich „Was weißt Du schon von mir?“ und „In diesem Moment“ beginnt zumindest sanft, um dann in ein blutvolles Tutti zu münden. Keine Frage: Auch die kraftvolle Dynamik, aus der sich rasante Soli wie von Bassist Herve Jeanne oder Ulli Orth am Saxophon schälen, ist nicht ohne. Letztendlich aber gilt vor allem für die Besatzung am Mischpult: Weniger ist oft mehr…

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