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Auf glitzernden Wellen

MAINZ (20. Januar 2017). Von allen Elementen ist es das Wasser und hier vor allem die offene See gewesen, die Musiker aller Epochen zu Kompositionen veranlasst hat: von Antonio Vivaldis Concerto „La tempesta die mare“ über Felix Mendelssohns Ouvertüre „Meeresstille und glückliche Fahrt“ bis hin zu Ralph Vaughan Williams groß angelegter „Sea Symphony“. Auch der Brite Frank Bridge (1879-1941) ließ sich vom Meer inspirieren und schrieb 1911 das viersätzige Tongemälde „The Sea“, das am Ende des vierten Sinfoniekonzerts im Staatstheater erklang.

Unter der Leitung des spanischen Dirigenten Eduardo Portal lief das Philharmonische Staatsorchester durchaus zur Höchstform auf, als es im ersten, mit „Seascape“ (Seelandschaft) überschriebenen Allegro wunderbar die von Bridge tonmalerischen Klangfarben der rollenden Wellen und glitzernden Schaumkronen abbildete. Mit drängender Dynamik und effektvoller Agogik erwacht hier ein Bild zum Leben und fast meinte man, salzige Luft auf den Lippen zu schmecken (wobei das doch eher von der schlecht funktionierenden Lüftung herrührte, die leider permanent den Gout nach altem Bratfett verbreitete).

Zuvor hörte das Publikum Musik eines Schülers Frank Bridges: das Klavierkonzert op. 13 von Benjamin Britten (1913-1976), der seinem Mentor auch ein Variationswerk widmete, das das Philharmonische Staatstheater in der Spielzeit 2014/2015 zur Aufführung gebracht hatte. Nun also Britten pur – und das mit einem exzellenten Solisten: Steven Osborne begeisterte mit hochvirtuosem und dabei doch leger-unverkrampftem Spiel, das trotz des enorm hohen Anspruchs an den Interpreten doch immer eine sportlich-elegante Note hatte.

Britten wirft den Zuhörer mitten in das konzertante Geschehen hinein und verleiht dem Zusammenspiel von Klavier und Orchester geradezu etwas Artistisches, was Osborne mit exaltierter Geste stemmte. Kraftvoll und kernig, aber eben auch mit wunderbaren Momenten elegischer Zärtlichkeit bildet Brittens Opus 13 die ganze Bandbreite des Tastenklangs ab und schenkt dem Pianisten damit eine fulminante Palette an Ausdrucksmöglichkeiten, denkt man nur an den fast schon trunkenen Walzer im zweiten Satz. Als gelungene Überraschung spielte Osborne nach der ersten Zugabe von Maurice Ravel übrigens ein rasantes Jazz-Solo und bewies somit einmal mehr seine stilistische Vielfalt.

Doch auch der größte Solist braucht als Partner ein verlässliches Orchester – und das einen inspirierenden Dirigenten: Bei zwei äußerst transparent musizierten Sinfonien von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) – Nr. 32 und 34 – konnte man besonders gut sehen, wie exakt Eduardo Portal das Philharmonische Staatsorchester Mainz führte. Mit feingliedrigem Fingergefühl zeigte er konturenreich, aber niemals affektiert, was er von seinen Musikern einfordert – und das funktioniert auch, wenn er auf jedwede Bewegung verzichtet: Wie gerne hätte man in diesem Moment statt des Rückens die Mimik des agilen Dirigenten gesehen.

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