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Die Bachs und die Liebe zum Kaffee

MAINZ (26. Juli 2014). Ab Mai 2016 wird die Steinhalle des Landesmuseums Interimsunterkunft des rheinland-pfälzischen Landtags sein. Und als müsste man das Gemäuer auf Rededuelle, Absprachen, Kompromisse und offenen Disput vorbereiten, stellte das jüngste Konzert hier ein konfliktbeladenes Programm vor: „Bach und Sohn“, also Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel, dessen 300. Geburtstag die Musikwelt 2014 feiert.

Ohne Auseinandersetzung ging es auch bei den Bachs nicht zu, doch an diesem Abend standen rein musikalische Scharmützel auf dem Programm. Sehr viel harmonischer muss es während der Vorbereitung mit den Stipendiaten der Villa Musica unter der Leitung von Rüdiger Lotter (Violine) und den Studierenden von Barock Vokal unter der Regie von Prof. Claudia Eder zugegangen sein, denn die Leistung, die hier von hoch talentierten jungen Künstlern erbracht wurde, war beachtlich.

Werke von Carl Philipp Emanuel Bach bestimmten den ersten Teil: die Triosonaten in C-Dur (Wq 149) sowie in c-moll (Wq 161,1), das Singspiel „Phillis und Thirsis“ (Wq 232) sowie die Kantate „Der Frühling“ (Wq 237). In den Vokalwerken brillierten vor allem Kiyoko Nakashima und Dorothea Wagner. Zwar waren es nur kleine Sopranpartien, die zu meistern waren, doch vermochten beide Sängerinnen, ihren Arien Kontur zu geben: Nakashima schlank und verhalten, Wagner mit kraftvollem Ton – perfekt. Bei Katarina van Droogenbroeck (Mezzosopran) litt die Textverständlichkeit der Frühlingskantate indes unter eher kehligem Stimmsitz und recht eindimensionaler Dynamik.

In der Reihe der Instrumentalisten waren es zwei Komponenten, die den Vortrag der Triosonaten zu einem Genuss machten: Zum einen natürlich die hinreißenden Soli von Kristine Balanas und Lukas Stepp (Violine) in Wq 149 sowie von Pantxoa Urtizberea und Pauline Floréani (Flöte) – zum anderen das homogene Ensemblespiel, das von Magdalena Wolf (Violoncello) und Flóra Fábri (Cembalo) bestimmt wurde. Ein packender „Wettstreit“ in der C-Dur-Sonate, in dem sich die Geigen und das Cello anzufeuern scheinen („Jetzt Du!“) und in der c-moll-Sonate („Gespräch zwischen einem Sanguineus und Melancholicus“) ein Gegensatz, der sich harmonisch auflöst.

Der zweite Teil des Abends war dann Vater Bach gewidmet. Nach dem Violinkonzert a-moll (BWV 1041), in dem Rüdiger Lotter virtuos den Solopart spielte, erlebte das Publikum mit der „Coffee-Cantata“ (BWV 211) einen weiteren grandiosen Höhepunkt. Tenor Jonas Boy bittet im Rezitativ engagiert um Ruhe („Schweigt stille, plaudert nicht“) für folgende Geschichte: Der verzweifelte Schlendrian (glänzend gesungen und gespielt von Bariton Roman Tsotsalas) will seine offenbar koffeinabhängigen Tochter Liesgen (die Rolle keck und traumhaft klangschön gestaltend: Sopran Jasmin Hörner) vom Kaffee abbringen und droht ihr sogar mit lebenslangem Zölibat; Liesgen schwört daraufhin dem Koffein ab, setzt jedoch eine Konsumerlaubnis in den Ehevertrag. Mit einem XXL-Coffee-to-go-Becher als einzigem Requisit wurde hier so vital musiziert, dass keine Wünsche offen blieben.

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