Musik als Zeichen der Hoffnung
MAINZ (13. November 2016). Zum jüngsten Konzert in der Neuen Synagoge begrüßte Villa Musica die Künstler Hagai Shaham (Violine), Raphael Wallfisch (Violoncello) und Arnon Erez (Klavier); sie haben sich zu einem Trio zusammengefunden, das neben Werken der europäischen Romantik auch israelische Musik interpretiert.
Vor dem Auftritt zitierte Stella Schindler-Siegreich als Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mainz einen Satz der Mutter des Cellisten, Anita Lasker-Wallfisch, die Mitglied im Frauenorchester des Konzentrationslagers Auschwitz war: Man müsse sich immer vor Augen halten, wie schmal der Grat zwischen Zivilisation und Barbarei sei.
„Am Morgen des 10. Novembers 1938 standen die Mainzer Juden vor den Trümmern ihrer Existenz“, erinnerte Schindler-Siegreich: „Damals glaubten sie, der Terror sei zu Ende, dabei nahm er erst seinen Anfang.“ Der Auftritt der jüdischen Musiker, die in der Neuen Synagoge vor einem interessierten und dankbaren Publikum neben Werken von Edvard Grieg, Robert Schumann und Antonín Dvořák auch Stücke von Paul Ben-Haim (1897-1984), Oedoen Partos (1907-1977) und Moishei Vainberg (1919-1996) interpretierten, setzte hingegen ein Zeichen der Hoffnung.
Bei Griegs Andante con moto c-moll begeisterten vor allem das im Gleichklang schwingende Vibrato der Streicher und der sich blumig auffächernde Schlussakkord. Dass ausgerechnet in diesem Moment ein Handy klingelte, zerstörte diesen magischen Moment jedoch im Nu – wie schade!
Über diesen Lapsus half das Trio dem Auditorium dann jedoch mit Opus 63 von Schumann hinweg: dynamisch und kraftstrotzend, „mit Energie und Leidenschaft“, wie es der Komponist vorgesehen hat. Im zweiten Satz lieferten sich die Künstler dann einen Wettlauf, der so rasant war, dass man den Eindruck hatte, als säße man in einem immer schneller werdenden Gefährt – selten erlebt man klassische Musik so direkt und eindringlich gespielt.
Bevor das Konzert mit einem virtuos-lebendigen Dvořák endete, richtete sich der Fokus auf die jüdischen Komponisten. Paul Ben-Haims „Berceuse Sephardic“ für Violine und Klavier geriet Hagai Sharam und Arnon Erez mit weichen Bögen der Violine über den großflächigen Akkorden des Klaviers ergreifend, der Schlussakkord verschwand ätherisch ins Nichts.
Ganz anders das Rondo, das Oedoen Partos für die gleiche Instrumentierung komponiert hatte: In kühner Melodieführung umkreisten sich Violine und Klavier, also wolle der Streicher zu seinem Partner in deutliche Opposition gehen, sich vehement gegen seine Läufe stemmen – umso überraschender, als beide Instrumente im Schlusston unisono endeten.
Bei der ersten Sonate für Violoncello solo von Moishei Vainberg, der als gebürtiger Pole vor den einmarschierenden Deutschen in die Sowjetunion geflüchtet war, wo er erneut unter antisemitischer Verfolgung litt, begeisterte Raphael Wallfisch dann mit besonders vollem, warmem Ton, der sich kantabel in die Höhe erhob. Scheinbar frei von Takt und Tonart folgte die Melodie dem Weg, den ihr der Interpret elektrisierend und impulsiv bereitete.