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Weihnachten bei Bachs

MAINZ (17. Dezember 2011). Auch wenn in diesem sowohl programmatisch als auch interpretatorisch äußerst gelungenen Advents- und Weihnachtskonzert von Bachchor und -orchester Mainz unter der Leitung von Ralf Otto Kantaten von Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen Wilhelm Friedemann sowie Carl Philipp Emanuel erklangen, hatte man nach dem angekündigten Konzertbeginn um 19.30 Uhr rasch eine Arie aus der Matthäuspassion im Ohr: „Geduld, Geduld“, singt da der Tenor.

In einer fast wörtlich zu nehmenden Feierstunde erhielt Otto aus den Händen von Staatsministerin Doris Ahnen mit der Peter-Cornelius-Plakette die höchste Auszeichnung des Landes für Verdienste im musikalischen Bereich.

Nach der gefühlten Begrüßung jedes einzelnen Konzertbesuchers durch Oberkirchenrätin Christine Noschka, die Lob und Dank der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau überbrachte, hob Ahnen ausführlich die Leistungen Ottos und seines Bachchors hervor und referierte über dessen Biografie. Otto nahm mit sympathischer Geste die Auszeichnung vor allem für seine Sänger und alle Mitwirkenden auch im Umfeld des Ensembles an und dankte ihnen für dieses „beispiellose bürgerschaftliche Engagement“.

Nach weiteren Dankesworten von Peter Eckes als Vorsitzender des Kuratoriums der Freunde und Förderer des Bachchors Mainz zog sich Otto dann erst mal zum Umziehen zurück, so dass das Publikum nach gut 45 Minuten den Beginn des Konzerts herbeiklatschte. Bei aller Wertschätzung: Diese Preisverleihung war einfach zu lang und hätte einen eigenen Rahmen verdient.

Allerdings wurde man für das lange Warten mit einem exquisiten Musikerlebnis entschädigt: Ein blendend aufgelegter Bachchor, der mit dem ebenso inspirierten Klangkörper eine kantable Einheit bildete, vier junge beeindruckende Solisten und Bachsche Musik in vorweihnachtlichem Glanz: „Darzu ist erschienen der Sohn Gottes“ (BWV 40) von Vater Bach, „Ach, dass du den Himmel zerrissest“ von Wilhelm Friedemann und das Magnificat von Carl Philipp Emanuel.

Das Markenzeichen dieses Chores, auch bei üppiger Besetzung eine kultivierte Schlankheit an den Tag zu legen, leuchtete sowohl in den Chören als auch in den von Otto geschmackvoll inszenierten Chorälen hell auf: Man war als Hörer vom sinnlich Geschilderten beeindruckt und merkte, dass es den Interpreten genauso ging.

Für das Konzert hatte Otto Solisten verpflichten können, deren Stimmen sämtlich durch elegante Linienführung, eine hohe Textverständlichkeit und Transparenz gefielen: Linda van Coppenhagens glockenheller Sopran verschmolz im Magnificat mit den meisterlich gespielten Naturhörnern von Wilhelm Bruns sowie Tilman Schärf und auch der warme, zarte Alt von Nohad Becker schmiegte sich an das innige Flötenspiel von Paul Dahme und Leonard Schelb.

In der Kantate von Bach-Sohn Wilhelm Friedemann gestaltete Bass Richard Logiewa seine Partien mit vornehmer Autorität und vollbrachte das Kunststück, den Arien einen opernhaften Gout zu geben, der die stilistische Besonderheit dieser Musik unterstrich: Was bei Bach zuweilen stört wurde hier zum aparten Stilmittel.

Christian Rathgeber hatte mit die anspruchsvollsten Nummern zu singen, was ihm mit gestochen scharfen Koloraturen gelang: Der junge Tenor hat eine bewundernswert leichte Stimme; allerdings hätte er anstelle einer noblen Blässe ruhig ein bisschen mehr mit den Muskeln spielen dürfen, was ihm vor allem im Duett mit Nohad Becker gelang.

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