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Windsbacher begeistern mit Streamkonzert

ANSBACH/WINDSBACH (17. Dezember 2021). Bereits im ersten Corona-Jahr 2020 nutzte der Windsbacher Knabenchor öfters das Internet und die Form der Streamkonzerte. Auch 2021 gab es einen solchen „Auftritt“: Nun ging ein solches Konzert viral, das man heute noch auf dem YouTube-Kanal der Windsbacher erleben kann. Und da ja Lebkuchen bekannterweise gefühlt auch bereits ab Spätsommer in den Regalen liegen, ist auch dieses Weihnachtskonzert zu jeder Jahreszeit ein Genuss.

Der Hinweis, dass man die Aufzeichnung in 3D-Audio doch bitte über Kopfhörer genießen möchte, ist ein guter Tipp: So bekommt man tatsächlich ein wunderbar räumliches Klangerlebnis. Nach einem Vorspiel der Blechbläser des Salaputia Brass Quintetts begrüßt der Chor sein Publikum mit „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“. Die Sänger im Altarraum der Ansbacher St. Gumbertus-Kirche halten Kerzen in der Hand – ein stimmungsvoller Auftakt, auch als ein zweiter Chor von der Orgelempore ertönt: In der dritten Strophe verleiht der Diskantgesang der Soprane dem schlichten Choral festlichen Glanz – es ist kein Wunder, dass gerade die Advents- und Weihnachtszeit die wichtigste im Konzertkalender eines Knabenchors sind.

Das Publikum erlebt in diesem Streamkonzert auch Uraufführungen: Peter Döpringhaus ist Solotrompeter des Konzerthaus-Orchesters Berlin sowie Gründungsmitglied des Salaputia Brass Quintetts. Der 1990 geborene Musiker ist aber auch Komponist: Hier nun sind neben dem ergreifenden Stück „Das Volk, das im Finstern wandelt“ erstmals vier stimmungsvolle Antiphone (Wechselgesänge) zu hören, die die Windsbacher vier- bis achtstimmig zusammen mit den Blechbläsern intonieren.

Am meisten beeindrucken natürlich noch immer die a cappella gesungenen Stücke: Das stimmungsvolle „O nata lux“ von Morten Lauridsen (1943-2000) und das „Magnificat“ von Arvo Pärt (*1935), der Martin Lehmanns Vorgänger Karl-Friedrich Beringer einst bescheinigte, er habe sein Werk noch nie so ergreifend gehört wie seinerzeit von den Windsbachern. „O magnum mysterium“ (1899-1963) von Francis Poulenc klingt tatsächlich wie ein großes Wunder: Wie bitte kann dieser Chor, dem Corona doch wochen- und monatelang das richtige Proben, ja das Singen überhaupt verbot, so intonationssicher und hinreißend singen – zumal noch mit dem gebotenen Abstand zwischen den einzelnen Stimmen? Es muss wohl ein besonderer Geist in Windsbach wehen, der, um eine Bach-Motette zu zitieren, „der Schwachheit aufhilft“ und die jungen Sänger selbst in schwersten Zeiten zu solchen Höchstleistungen beflügelt.

Ein Konzert mit dem Windsbacher Knabenchor ist immer ein Erlebnis – am meisten natürlich in normalen Zeiten in einer bis auf den letzten Platz besetzten Kirche. Doch gerade ein solches Streamkonzert ist in Tagen der Pandemie etwas Besonderes. Es ist ein Zeichen, das der Chor in die Welt hinausschickt – und zwar via Internet buchstäblich „in alle Welt“: „Wir sind noch immer da. Und wir sind wir Euch da, die ihr Chormusik und diesen Knabenchor liebt. Corona kriegt uns nicht klein.“

Und zum anderen ist es eben die jedes Jahr aufs Neue ausgesandte Weihnachtsbotschaft, die die Menschen auch auf diesem Weg erreicht und über die Kopfhörer vielleicht ja besonders ins Bewusstsein der Zuhörer eindringt: „Es möge Friede auf Erden sein!“ Wenn die Windsbacher die Clustermotette „Es ist ein Ros entsprungen“ singen, die der 1954 geborene schwedische Komponist Jan Sandström auf den berühmten Choral von Michael Praetorius (dessen 450. Geburtstag und 400. Todestag die Musikwelt 2021 gedachte) komponiert hat, dann umwehen einen diese Klänge tatsächlich wie die Gesänge himmlischer Chöre.

Am Schluss des von der Produktionsfirma AVS perfekt in Szene gesetzten Konzerts ergreift Martin Lehmann das Wort und sendet einen dringenden Apell an das virtuelle Publikum: Wer in seinem Umfeld singbegeistere Jungs ab neun Jahren kennt, möge sie doch auf jeden Fall mal zu einem Vorsingen nach Windsbach schicken. Auf jeden Fall sollte die- oder derjenige dieses Streamkonzert, das festlich mit dem (übrigens aus Sizilien stammenden) Lied „O du fröhliche, o du selige“ ausklingt, mal mit diesen Knaben anschauen. Vielleicht wollen die ja dann von ganz alleine dahin, wo so wunderbar gesungen wird.

Dieses Konzert und weitere während der Pandemie produzierte kann man hier erleben: https://windsbacher-knabenchor.de/streaming/.

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