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Zungenbrecher zum Mitsingen

MAINZ – A cappella ist out. In ist jetzt Vocal-Pop oder, wenn man deutsche Texte singt, Vokal-Pop. Dieses Genre pflegen die Wise Guys aus Köln nach eigenen Angaben lieber als „Oral-Musik“. Doch egal, wie sie das Kind nun nennen: Es macht seinen singenden Eltern und vor allem den „Freunden der Familie“ viel Spaß. Die zog es jetzt auf den Mainzer Domplatz, wo die Kölner dem Pendant aus rotem Sandstein zum 1000. Geburtstag gratulierten.

Nachdem sich über 3.000 Besucher durch einen einzigen nadelohrartigen Einlass und vorbei an den genau davor – und so eher hinderlich als werbewirksam – geparkten Karossen einer tschechischen Automarke Zugang zum Domplatz erschoben hatten, hieß es noch eine knappe Stunde Ausharren, bis sie ihre köllschen Idole bejubeln duften: Eher manierlich als wirklich begeistert lauschten sie der Dänin Tina Dico. Und verglichen mit dem aufbrandenden Applaus für die Wise Guys fiel der Beifall für die blonde Sängerin eher höflich aus – Vorgruppe für die Olympioniken des A cappella-Gesangs oder, wie sie es selbst nennen, Vokal-Pop ist eben keine allzu dankbare Aufgabe.

Dann aber gab es kein Halten mehr und gleich der erste Song einer gut zweistündigen rasanten Bühnenshow in gewohnter Lockerheit brachte das Publikum schnell auf Betriebstemperatur. Immer wieder interessant ist die Umfrage, die diesmal per Akklamation an den Tag brachte, dass immer noch viele den Wise Guys zum ersten Mal live lauschten, sie deutlich mehr schon lange kennen, kaum welche an diesem Abend erstmals von ihnen gehört haben und vergleichsweise wenig Domplatz-Gäste direkt aus Mainz kamen.

Dass die durch eine imposante Scheinwerferbatterie immer neu kolorierten Klangsegel den Schall und die Textverständlichkeit open air weit weniger weit trugen als beispielsweise in der Phönix- oder Rheingoldhalle, war den begeisterten Fans eigentlich egal, können sie doch sowieso fast alle Texte mitsingen. Und so sah man bereits kleinste Anhänger die zungenbrecherischen Reime mühelos mitsummen.

Songs wie „Moin“, mit dem sich der nicht mehr ganz so neue Wise Guy Nils Olfert seinem Publikum klangvoll vorstellt, das von Daniel „Dän“ Dickopf in die Abenddämmerung hinein gesungene „Sonnenschein“ oder Edzard „Eddi“ Hünekes – konsequent wiederholtes – „Lied vom Mann, der alles zwei mal machte“ kamen genauso gut an wie die von Bass Ferenc Husta mit wohligem Timbre die Hörmembran zum Schwingen bringende Ballade vom „Seemann“ und Marc „Sari“ Sahrs „Es ist nicht immer leicht ich zu sein“. Auch gab es vielversprechende Kostproben des Anfang 2010 erscheinenden neuen Albums.

Da diese Show von 3sat aufgezeichnet wurde, kokettierte Frontmann Dän gekonnt mit der Kamera, denn für den Fall von Wiederholungen dürfe er sich nicht verplappern: „Der 1. FC. Köln hat wieder verloren – dieser Satz ist zeitlos“, bewies der Rheinmetropolist Selbstironie und gab sogleich den Gastgebern eins aufs grinsende Haupt: „Wir freuen uns, hier zu sein: direkt neben der Kirche, die wir in Köln jetzt nicht unbedingt Dom nennen würden…“

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