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Kräftezehrend, aber lohnenswert

Zweifelsohne schwere Kost, die einem Frieder Bernius hier „zumutet“. Aber wenn, dann bitte so: Das Requiem von György Ligeti in direkter und logischer Kombination mit seinem als Fortsetzung des Fragment Gebliebenen konzipierten „Lux aeterna“ für 16-stimmigen Chor – eine Herausforderung, gewiss. Und keine, die man so eben mal einfach meistert.

Aber Bernius taucht tief in den Klangkosmos Ligetis ein – nicht erst seit gestern. Zur vorliegenden „Lux aeterna“-Aufnahme aus dem Jahr 2001 schrieb ihm der 2006 verstorbene Komponist, sie sei „eine Freude“. Auch mit der aktuellen Kompilation zieht Bernius den Hörer mit in den Bann der Klangsprache Ligetis, weiß er doch mit seinem Kammerchor Stuttgart einen exquisiten und passgenau für diese Musik besetzten Vokalkörper und mit dem Danubia Orchestra Óbuda einfühlsame Instrumentalisten an seiner Seite.

Gemeinsam wird das „Requiem“ nach allen Dimensionen hin ausgelotet. Und das eben erwähnte „tiefe Eintauchen“ darf hier gerne wörtlich genommen werden, denn die Klangregionen, in die diese Musik den Hörer führt, sind in ihrer hier musizierten Plastizität schlicht atemberaubend.

Im Introitus gleicht der Chor dem einer griechischen Tragödie und im Folgenden sind es immer wieder einzelne Facetten, die einen beim wiederholten Hören staunen lassen: das geradezu organische Summen wie ein Bienenschwarm im „Kyrie“, die tiefschwarzen Bässe, die lichten und nie schrillen Soprane, die blutvollen Soli von Gabriele Hierdeis (Sopran) und Renée Morloc (Alt) mit stets bemerkenswert konturreicher Diktion, was auch den Chor auszeichnet. Das „Lacrimosa“ wird schließlich zum akustischen Labsal für die aufgewühlte Hörerseele, die zuvor an manchen tonalen Abgrund gestoßen wird.

Die CD kombiniert Ligeti klug mit teils neu eingespielten Arrangements des an seiner „Mikrotonalität“ orientierten Kollegen Clytus Gottwald: „Soupir“ von Maurice Ravel, „Les Angelus“ und „Des pas sur la neige“ von Claude Debussy und als Krönung Gustav Mahlers schwebendes „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ für 16-stimmigen Chor.

Einziges Manko: Derart vielschichtige, zeitgenössischer Musik auf CD eingespielt hat neben dem Kunstvollen immer auch etwas Künstliches, zu Theoretisches – weckt auf der anderen Seite aber auch den Wunsch, diese Klänge mal live zu erleben. Somit ist die vorliegende Aufnahme für den kundigen Hörer sicherlich ein faszinierender Genuss, für alle anderen aber ein stilistisch durchaus hartes Stück Arbeit, das erst mal bewältigt sein will.

György Ligeti: Requiem & Lux aeterna (sowie Arrangements von Clytus Gottwald: Maurice Ravel, Claude Debussy, Gustav Mahler); Gabriele Hierdeis (Sopran), Renée Morloc (Alt), Kammerchor Stuttgart, Danubia Orchestra Óbuda, Frieder Bernius; Carus 83.283

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