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Wenn die Mail-Box zwei Mal klingelt

Besser könnte eine Presseinformation ihren Namen kaum umsetzen: In der zur neusten Badesalz-CD „Mailbox-Terror“ wird berichtet, man habe das Komiker-Duo Henni Nachtsheim und Gerd Knebel gefragt, warum sie erstmals nach 14 Jahren wieder ein Album aufgenommen hätten. Die Antwort der beiden fiel „nach ein paar Stunden intensiven Überlegens“ und lautete: „Eija…warum net?“

Allein diese kleine Schnurre zeigt, wes Geistes Kind die beiden Vorzeigehessen sind, die in der jüngeren Vergangenheit ihr Theaterstück „Dö Chefs“ aufführten, Fahrgastdurchsagen für die Frankfurter Verkehrsgesellschaft sprachen und sogar zum Rheingau Musik Festival 2017 in einem Programmheft die Vorzüge ihres Dialekts unterstrichen. Aktuell präsentieren sie neben „Mailbox-Terror“ auch „Dö Chefs“ auf DVD, 2019 geht es mit neuem Programm auf Tour.

Vielleicht ist es ja ein wenig zu viel hineininterpretiert, wenn man „Mailbox-Terror“ als Protestnote gegen die ständige Erreichbarkeit via Handy liest. Aber immerhin nutzt man im Badesalz-Büro offenbar noch einen analogen Anrufbeantworter, der hier nun (mit Nachrichten aus 14 Jahren?) blinkt. Nachtsheim und Knebel hören das Band gemeinsam ab – und mit ihnen das Audio-Publikum.

Ob nun ein Verlagsrepräsentant (völlig unverständlicherweise) Kindermärchen und Bibelhörspiel von Nachtsheim ablehnt, man dem Mitschnitt einer gereimten Hochzeitsrede lauschen darf oder Badesalz zur Rettung des Gualamappa-Käfers aufgerufen wird (in Folge eine herrliche Parodie auf „USA for Africa“ von 1985) – immer wieder schlüpfen die beiden Urkomiker in akustische Gewänder, um die aberwitzigsten Szenen aufzuführen. Dazwischen gibt es weitere Badesalz-typische Sketche.

Zwar haben nicht alle Nummern das gleiche Niveau, dafür schwingen sich andere mit Wortwitz und hessischem Singsang zu unglaublicher Komik auf – allein schon die Verschmelzung von Erotik und Comedy im dritten Track ist ein erster Höhepunkt, bald gefolgt von den Vorteilen toleranten Denkens, das klarstellt, warum der Islam zumindest zu Darmstadt gehört. Tatsächlich sind nur wenige Nummern am Schluss etwas zu eigenwillig geraten – ansonsten bekommt man Badesalz in gewohnter Höchstform. Geadelt wird „Mailbox-Terror“ durch Gastauftritte von Andreas Kümmert, Max Mutzke und Rick Kavanian.

Keine Frage, das Duo hat Kultstatus. Zuweilen muss man zwar Fan der ersten Stunde sein, denn ohne „Fachkenntnis“ – zu Lambada, dem (noch immer) 42-jährigen Elektroingenieur oder Headbanger – blickt man bei der neuen CD vielleicht etwas ratlos drein; der echte Gefolgsmann jedoch lacht sich kaputt.

Und hier liegt eben das Erfolgsgeheimnis, das das Duo übrigens mit dem großen Loriot teilt: So wie bei ihm gewisse Begriffe bei Liebhabern des feinen Humors sofort Assoziationen wecken, funktioniert das auch bei Nachtsheim und Knebel. Hier reicht manchmal nur ein Wort, um sofort den Sketch so wortgetreu im Kopf zu haben, dass er sich als Ohrwurm für längere Zeit häuslich einrichtet.

Wer in Zukunft also einen rothaarigen Vierbeiner durchs Unterholz schnüren sieht, wird sich sofort fragen, ob es sich dabei nicht um den Spessart-Fuchs handelt, den Gott einst aus dem Paradies schmiss. Warum und noch viel mehr erfährt man auf „Mailbox-Terror“.

Badesalz: Mailbox-Terror | Frau Batz Records | Vertrieb: Indigo (LC 52308)

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