» Aktueller Tipp

Bach zu Ehren

Wie hielt es Bach wohl mit der Blockflöte? Spielte er sie selbst? Dessen ist sich Bernhard Schrammek sicher, der das informative Booklet der neuen CD von Maurice Steger getextet hat. Auf jeden Fall schätzte er das Instrument und gab ihm an vielen Stellen seines Œuvres wichtige Aufgaben. Bei „A Tribute to Bach“ spielt die Blockflöte auf jeden Fall die Hauptrolle.

Anders als bei einem solchen Titel zu erwarten, ist die CD jedoch dankenswerterweise kein „Best of Bach“, sondern vielmehr eine tiefe Verbeugung vor dem Thomaskantor, für die Steger gemeinsam mit dem La Cetra Barockorchester Basel sechs komplett unterschiedliche Bach-Werke ausgewählt hat und sie in der Original- oder originellen Umbesetzung interpretiert. Damit folgt man den Spuren des Komponisten als aufmerksamer Fährtenleser, schließlich hat der Meister selbst eigene Werke immer wieder neu instrumentiert.

In diesem „Labor“ wurden jedoch keine seltsam-künstlichen Klone gezüchtet (wie Fritz Stiedrys „Kunst der Fuge“ für großes Sinfonieorchester): Steger konzentriert sich auf die klangliche Quintessenz von Bachs Musik. Die Attribute, die man mit seinem Spiel ganz allgemein, besonders aber auch auf CD in Verbindung bringt – technische Brillanz, sprühende Spielfreude, entspannte Anmut und filigrane Finesse –, lassen sich dabei ohne Abzüge auf das Spiel der anderen Instrumentalisten übertragen. Kundig, mit Respekt und Feingefühl begegnen die Musiker dem geschätzten Komponisten – man spürt die tiefe Verehrung in jedem Stück.

Natürlich steht die Blockflöte an erster Stelle, aber sie drängt sich nie in den Vordergrund, ist kein starkes Tau, sondern der feine rote Faden, der sich durch diese geschmackvolle Kompilation zieht. Mal trillert sie wie ein kleiner Vogel: beispielsweise im dritten Satz des D-Dur-Konzerts BWV 1053, das der auch auf dieser Aufnahme musizierende Cembalist Sebastian Wienand passgenau für Blockflöte eingerichtet hat, wobei diese den Part des Cembalos im eigentlichen E-Dur-Konzert für das Tasteninstrument übernimmt. Im Ricercar á 6 aus dem „Musikalischen Opfer“, wo die verschiedenen Stimmen samtweich über sattem Bassregister einsetzen, ist die Flöte dann mit sympathischem Understatement „nur“ Prima inter pares. Selbst in der g-Moll-Triosonate BWV 1020 lässt Steger dem Cembalo ansprechend Raum. Genau deshalb gerät hier alles kunstvoll homogen und trotzdem hochvirtuos.

Steger spielt auf sechs verschiedenen Instrumenten des Schweizer Blockflötenspezialisten Meyer, die für ihren runden und vollen Klang bekannt sind. Die wechselnden Besetzungen ergeben zusätzlich eine ganz eigene Klanglichkeit. In der Bearbeitung der (ursprünglich ja für die Orgel komponierten) d-Moll-Triosonate BWV 527 spielt Wienand (im Basso continuo mit Cello, Theorbe und Violone) ebenfalls dieses Instrument, während Blockflöte und Violine das Werk zum aparten Tripelkonzert verwandeln. Im berühmten F-Dur-Cembalokonzert BWV 1057 bekommt Steger dann Verstärkung von Blockflötist Claudius Kamp – dem rasanten Allegro assai könnte man ewig zuhören. Galanter Stil, elegante Figurationen, weite Bögen – man ist geneigt zu sagen: Genau so muss diese Musik klingen – selbst wenn Bach sie („auch“) für andere Instrumente geschrieben hat.

A Tribute to Bach | Maurice Steger (Blockflöte), La Cetra Barockorchester Basel | BerlinClassics Nr. 0303072BC | 77:20

zurück