Frohe Kunde: „Noël“ mit dem Bachchor Mainz
Das Weihnachtsoratorium? Ist von Bach. Und zwar Johann Sebastian. Meistens jedenfalls. Dass das gleichnamige Werk des Franzosen Camille Saint-Saëns sein Schattendasein zu Unrecht führen kann, zeigt die Neueinspielung des Bachchors Mainz unter Ralf Otto: „Noël“ ist ein klingendes Kompendium mit Werken der französischen Romantik zum Weihnachtsfest.
Gemeinsam mit dem Münchner Orchester L’arpa festante und einem harmonischen Solistenquintett aus Simona Houda Saturová (Sopran), Regina Pätzer (Mezzosopran), Anke Vondung (Alt), Hans Jörg Mammel (Tenor) und Florian Boesch (Bariton) hat der Bachchor bei Sony/BMG eine Weihnachts-CD eingespielt, die sich nicht nur mit Saint-Saëns’ Opus abseits der ausgetretenen Pfade glühweinseliger Weihnachtsstimmung bewegt.
Ralf Otto geht behutsam an dieses Oratorium heran: Leise, leise – als wollte er das Kind in der Krippe nicht stören. Weich erklingt ein zarter Orgelton, der wie ein warmer Lichtschein in dunkler Nach anmutet. Grazil und ebenso flaumig legen sich die Streicher darauf und umspielen den Gewissheit verströmenden Mezzosopran Regina Pätzers: „Expectans, expectavi Dominum“ – „Ich harrete des Herrn.“
Diesen Gedanken greift Hans Jörg Mammels funkelnder Tenor auf und der Chor, der zuvor schon kraftvoll das Gloria intoniert hat, antwortet mit nobler Zurückhaltung. Doch dieses Ensemble hat auch Kraft: Dicht und stringent erklingt der zweite Psalm als klangliches Spiegelbild des orchestralen Klangkörpers.
Und plötzlich schnurrt der Schall in der Doxologie auf ein Minimum zusammen, ist jedoch präsent wie in den Fortepassagen: Der Bachchor beweist auch in größerer Besetzung die Flexibilität eines kleinen Ensembles. Wie eine Kathedrale wirkt das finale „Tollite hostias“: Hier wird nicht nur gesungen, hier findet Verkündigung statt.
Dazu passend agieren auch die anderen Solisten: Simona Houda Satourovás federleichte Sopran harmoniert im Duett mit dem satten Bass Florian Boeschs und wie durch ein unsichtbares Band scheinen die beiden Stimmen verbunden, auch wenn die eine in die Höhe und die andere in die Tiefe strebt; die „große Stunde“ für Anke Vondung folgt ein paar Tracks später.
Das Weihnachtsoratoium von Camille Saint-Saëns ist stilistisch nicht unbedingt ein in sich geschlossenes Werk. Auch erzählt es nur in Ansätzen die Weihnachtsgeschichte, wie man es vom Bachschen Pendant her kennt. Ralf Otto begreift diese Musik dennoch als Ganzes und verleiht jedem Part eine eigene Prägung. Ob leidenschaftlicher Chorklang oder harmonischer Ensemblegesang der Solisten über dem zarten Klang der Harfe: Die Harmonie als Herzenswunsch zum Christfest ist hier nicht nur hör-, sondern auch spürbar.
Der Tonträger stellt neben dem Weihnachtsoratorium das bekannte „Panis Angelicus“ aus der Messe Opus 12 von César Franck sowie dessen Psalm 150 in der Originalversion für Chor, Orgel und Sinfonieorchester vor. Den Titel gaben die gleichnamigen Stücke von Gabriel Fauré und Charles Gounod, von dem auch das Bachsche „Ave Maria“ mit dem filigran schwebenden Alt Anke Vondungs zu hören ist. Faurés „Cantique de Jean Racine“ beschließt den festlichen und vielfarbigen Querschnitt durch die französische Romantik stimmungsvoll.
Die CD „Noël“ ist als Produktion von Sony/BMG unter der Nummer 88697366582 bei deutsche harmonia mundi erhältlich.