Andiamo al „Mare“!
Wer sich unbeschwerter Tage an mediterranen Gestanden erinnern möchte, dem bleibt wohl vorerst nur die Erinnerung an die Jahre vor diesem schicksalhaften 2020, in dem Corona in die Welt kam. Mit den Folgen waren und sind auch Musiker und ihr Publikum konfrontiert: Der reguläre Konzertbetrieb war über Monate lahmgelegt und noch immer erschweren Einschränkungen des öffentlichen Lebens den Kulturbetrieb; was natürlich auch für die Künstler des Weltmusik-Ensembles Quadro Nuevo gilt.
Als hätten Mulo Francel, Chris Gall, Andreas Hinterseher und Didi Lowka es geahnt, dass man irgendwann selbst nicht reisen kann, darf oder mag, über- und unternehmen sie das nun mit ihrer neuen CD „Mare“ für einen: Auf den Klängen der Lieder und Instrumente nehmen sie den Hörer mit an südliche Gestade. Herausgekommen ist ein beschwingtes Album, das klingt wie eine musikalische Sommerbrise. Angeblich duftet „Mare“ nach „Dolce Vita, reifen Zitronen und gelben Bikinis“. Und mit dieser bildhaften Selbstanalyse seiner Musik beschreibt Quadro Nuevo tatsächlich das lichte Ambiente, das die 15 Songs vor das innere Auge zaubern.
Man glaubt, fernes und nahes Meeresrauschen zu hören, den Wind in seinen Haaren zu spüren, das Salz auf seinen Lippen zu schmecken. Sitzt man in „Samadi Didi“ noch auf einen kühlen Wein in der Strandbar, schlendert man mit „Torna a surriento“ im Sonnenuntergang am Hafenkai entlang, macht bei „Sun will shine again“ das Segelboot startklar und gleitet mit „Yorke’s Guitar“ bald auf den Wellen. Jeder wird zu den einzelnen Liedern seine eigenen Bilder im Kopf entstehen lassen. Und die werden so vielfältig sein wie die Formen des Meeres. Nicht erst mit „Mare“ lädt Qadro Nuevo den Hörer zum Träumen ein. Mit dem Meer haben sie dabei ein Sujet gewählt, das ihnen interpretatorisch nicht nur sinnbildlich Breite und Tiefe bietet, die mit den verschiedenen Songs anregend ausgelotet werden.
Man hört Saxofon, Klarinette, Mandoline, Sansula und Whistle, (Francel), Klavier (Gall), Akkordeon, Vibrandoneon, Trompete und Flügelhorn (Hinterseher) sowie Bass und Percussion (Lowka) – in immer wieder neuen Rezepturen komponiert zu leichten und höchst geschmackvollen Arrangements, die reich an klanglichen Aromen sind. Als Gäste begrüßt Quadro Nuevo auf „Mare“ Evelyn Huber (Harfe), Basem Darwisch (Oud), Rafat Muhamad (Percussion), Paulo Morello (Gitarre) sowie Tim Collins (Vibraphone).
„Saluti di Parigi“ ist eine elegant einherschlendernde Jazz-Ballade, „Ragazzo Samba“ regt zum Tanzen an, „Beach anno ’75“ ist die Adaption des seinerzeit prominenten Hits „El Bimbo“ (der in dieser Version jedoch viel schöner klingt als das laute Original) und „Stay away“ atmet grenzenlose Ferne. Ohnehin ist man beim Hören von „Mare“ eher „windgeschützt“: Die raue und zerstörerische Kraft des Ozeans ist hier nicht das Thema, sondern, wie es Pianist Chris Gall auf den Punkt bringt, „der friedliche und beruhigende Klang von etwas Großem, das die unterschiedlichsten Länder und Menschen vereint“ – mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen.
Quadro Nuevo: Mare | Mulo Francel, Chris Gall, Andreas Hinterseher und Didi Lowka & Gäste | GLM Music FM 260