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Das Volkslied lebt

Die Musik ist nicht nur grenzüberschreitendes Verständigungsmittel, sondern auch ganz eigener Kulturschatz eines jeden Volkes. Doch weil sie im nationalsozialistischen Deutschland arg missbraucht wurde, hat das Land der Dichter und Denker, die hierfür so wundervolle Verse ersannen, ein gespaltenes Verhältnis zu seinen Volksliedern. Aber es scheint sich eine Renaissance anzubahnen, altes Liedgut wird aufgegriffen und gepflegt! Und manchmal ganz anders, als man denkt, wie die neue CD der Weltmusiker von „Quadro Nuevo“ beweist: „Volkslied Reloaded“.

Sie reisen rund um den Globus, um sich für ihre attraktiven Programme von aller Herren Länder und deren Klangkulturen inspirieren zu lassen. Doch manchmal muss man eben nicht in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt: Die fünf Künstler von „Quadro Nuevo“ richten ihren Blick diesmal auf die eigene Kultur und ihre Lieder. Gemeinsam mit dem Münchner Rundfunkorchester haben sie unter der Leitung von Elisabeth Fuchs ein ganz wundervolles Album eingespielt. Sie selbst bezeichnen es als persönliches Experiment. Und das ist auf ganzer Linie gelungen!

Nein, das Arrangement von „Kein schöner Land“ ist nicht von Henry Mancini. Auch so manch andere swingende Adaption von Volksliedern wie „Hoch auf dem gelben Wagen“ oder „In einem kühlen Grunde“ klingen ein wenig nach dem Schöpfer des berühmten „Pink Panther Theme“. Vielleicht stand er ja unterbewusst ein wenig Pate, als sich Mulo Francel an die Bearbeitung der traditionsreichen Melodien machte? Gerade die Akkordeonsoli von Andreas Hinterseher erinnern liebevoll an den Kollegen aus Übersee.

Zwei leuchtend rote Fäden ziehen sich durch das Programm von „Volkslied Reloaded“: zum einen natürlich die Sammlung der Klassiker schlechthin wie „Am Brunnen vor dem Tore“ oder „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“, zum anderen der stets swingende Duktus, für den „Quadro Nuevo“ und das Münchner Rundfunkorchester den nötigen Big-Band-Sound beisteuern. Manchmal lässt man sich gehen und improvisiert groovend – beispiels- und vor allem passenderweise bei „Die Gedanken sind frei“ –, manchmal erkennt man die Melodien sofort. Egal ob Mozarts „Bona nox“ oder ein silbriges „Der Mond ist aufgegangen“: Die Produktion beweist, dass uns die Volkslieder (dass uns das Volkslied – der Titel nutzt bewusst den Singular!) heute noch viel zu sagen haben.

„Sah ein Knab ein Röslein stehn“ malt das Bild einer taubedeckten, einsamen Wiese, und „Kennst Du das Land“ erklingt wunderbar smooth als Bossa nova. „Im Frühtau zu Berge“ schart der Wanderer schon mit den Füßen (spielt das Saxophon etwa das „Meep meep“ von Chuck Jones Roadrunner und Wile E. Coyote?), überraschend gibt das satte Blech den Blick auf ein tonales Alpenmassiv frei und intoniert die Melodie. Die Streicher greifen das Ganze nochmals auf – Flashback in die (TV-) Kindheit: Plötzlich steht man als Cowboy „Am Fuß der blauen Berge“ – die Nummer ist schlicht ergreifend, vielleicht eine der besten des ganzen, durchweg hörens-, ach was: erlebenswerten Albums!

Quadro Nuevo & Münchner Rundfunkorchester: Volkslied Reloaded | Sony Classical 19075928632

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