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Spielfreude pur: „Le Quattro Stagioni“ mit „Red Priest“

Vivaldis „Le Quattro Stagioni“, besser bekannt als schlicht „Die vier Jahreszeiten“, gehören wohl mit zu den am meisten musizierten und daher auch bekanntesten Barockwerken. Kein Wunder, dass es davon unzählige Einspielungen gibt. Und daher fast eines, wenn das Ensemble „Red Priest“ diesem Stück eine so noch nie gehörte Note abgewinnt.

Die Vögel zwitschern, bevor das Cembalo auch nur die erste Note gespielt hat. Und als die Musiker dann mit dem bekannten Thema des ersten Satzes von „La Primavera“ einsetzen, ist man sofort in der Musik drin. Und doch klingt sie neu.

Die kleine Besetzung – Piers Adams (Blockflöten), Julia Bishop (Violine), Angela East (Violoncello) und Howard Beach (Cembalo) – sorgt für größtmögliche Transparenz und Vivaldis überstrapazierte „Jahreszeiten“ lassen einen den vitalisierenden Frühling, den Sommer mit seiner flirrenden Hitze, den staubigen und weinseligen Herbst und einen klirrenden Winter erleben, als könne man diese Musik gar nicht anders verstehen – und wiedergeben.

Im Largo des „Frühlings“ jault zum Schluss ein Hund auf und man sieht ihn förmlich zwischen den tanzenden Hirten im Allegro des dritten Satzes herumtollen. Die eigene Katze streicht einem, während man die CD anhört, miauend um die Beine und man fragt sich wirklich, ob das nun das Tier war oder nicht die Geige von Julia Bishop.

Im Sommer schwirren Turteltaube und Kuckuck umher und kehren auch kurz vor dem Sturm im rasanten Presto, dem ein zäher, staubig trockener Sommertag vorangeht, wieder. Das Gewitter beschreiben die Streicher mit massivem Col legno-Spiel und Howard Beach lässt mit Cembaloläufen das Wasser kaskadengleich vom Himmel strömen.

Der Herbst kommt wie ein amerikanischer Country-Song daher und man erwartet gleich einen Cowboy, der um die Scheunenecke biegt. Vivaldis Trunkenbold wird im Allegro wohl voll des süßen Weins gewesen sein – bei „Red Priest“ hört es sich eher an wie Bourbon. Das Adagio molto kommt gediegen im Cembalosolo daher und ist eine ruhige Überleitung zum rustikalen, sich steigernden und überschlagenden Jagdgesang: welch ein rasantes Miteinander von Flöte und Streicher!

Frostig wird’s dann im Winter, wenn die klirrende Kälte Einzug hält und die Flöte mit den Streichern im Staccato um die Wette zittert. Und wieder ist es einem, als würde man vom prasselnden Feuer im Largo des zweiten Satzes von „L’Inverno“ fast schon spürbar gewärmt. Hier mimt die Geige die zündelnde Flamme, während Cembalo und das Pizzicato des Cellos die knackenden Scheite geben.

Kurz, „Red Priest“ macht etwas, was man normalerweise nicht „darf“: Sie treiben mit unzähligen Verzierungen, Lautmalereien und eigenen Ideen ihren Schabernack mit Vivaldi! Das aber tut gerade einem solchen Stück Musik, was man schon so oft gehört hat, richtig gut. Dem Komponisten hätte es sicherlich gefallen.

Gleiches gilt für das als Weihnachtskonzert bekannte Concerto grosso in g-moll op. 6 No. 8 „Fatto per la notte di natale“ von Arcangelo Corelli, das ebenfalls von den „Red Priests“ eigenwillig arrangiert wurde.

„Red Priest’s Vivaldi: The 4 Seasons“ ist im eigenen Label erschienen und hat die Bestellnummer RP003. Informationen zum Ensemble und zu den weiteren ebenfalls äußerst hörenswerten CDs gibt es unter www.redpriest.com.

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