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Wahrer Wohlklang

Es ist ein verbrieftes Anliegen des Bassbaritons Klaus Mertens, sich nicht nur Bekanntem zu widmen, sondern vor allem bislang Unerhörtes zu entdecken. Und so knipst er seine mit silbriger Eleganz so unglaublich hell wie sonor strahlende Stimme einem Scheinwerfer gleich an und richtet den Spot immer wieder auf bislang ruhmlose Komponisten und ihre Werke, um sie vor dem Vergessen zu bewahren.

Friedrich Theodor Fröhlich ist so einer: Schweizer, geboren 1803 und recht produktiv, doch leider zu Lebzeiten eher verkannt, was ihn schließlich mit nur 33 Jahren verzweifeln und in die Flute des Flusses Aare steigen lässt – tragisches Ende des wohl wichtigsten frühromantischen Komponisten Helvetiens. Um das Œuvre Fröhlichs kümmert sich vor allem die Friedrich-Theodor-Fröhlich-Gesellschaft mit Sitz in Aarau, die die vorliegende Rondeau-Produktion mit ermöglicht hat.

„Verlanget nicht die alten Lieder“, intoniert Mertens da in „Das eine Lied“. Dabei sind es durchaus auch bekannte Poeme, denen sich Fröhlich, angenommen hat: Goethes „Nachtlied“ etwa oder „Der Harfenspieler“, man hört unter anderem Uhland, Grimmelshausen und von Arnim. Kleine Juwelen, die Klaus Mertens, am Flügel höchst delikat begleitet vom ukrainischen Pianisten Volodymyr Lavrynenko, da ins Licht seines Organs hält und zum Funkeln bringt. Wie er singend deklamiert und sprechend singt, hat schlicht einsame Klasse. Fröhlichs Tonsprache behandelt den Text sehr bewusst und findet in Mertens ihren natürlichen Interpreten. Stilistisch erinnert die Musik an Felix Mendelssohn Bartholdy, mit dem Fröhlich bekannt war und den er bewunderte.

Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass dieser Sänger die 70 bereits überschritten hat! Doch noch immer verfügt er über eine vollkommen alterslose Stimme, unglaubliche Frische und Präsenz in allen Lagen. Seine Behandlung eines Kunstlieds setzt den Akzent stets auf die zweite Silbe des Gattungsbegriffs. Nie klingt Mertens exaltiert, nie stellt er sich vor das Lied, sondern ist immer – frei nach Carlo Goldoni – der Diener zweier Herren: des Komponisten und des Dichters, die im Interpreten im besten Fall, also wie hier, eins werden.

Als Liedpianist leistet Lavrynenko Mertens unschätzbare Hilfe beim Heben der vokalen Kleinode. Doch zum Glück gönnt ihm das Konzept der CD auch solistisches Glänzen: Zwischen den beide Liedblöcken der Acht deutschen Kanzonetten op. 3 und der nicht minder köstlichen Deklamatorischen Gesänge erklingen drei der Sechs Elegien op. 15 von Fröhlich. Der Pianist fasziniert hier mit feinem Anschlag, der die Musik im Spiel zu entdecken scheint und sie sich neugierig zu eigen macht: Musik, die bescheiden daherkommt und deren Anspruch Volodymyr Lavrynenko mit Instinkt und Fingerspitzengefühl freilegt. Eine weitere Entdeckung, die die Neugier auf diesen Friedrich Theodor Fröhlich weckt.

Friedrich Theodor Fröhlich: Lieder & Elegies | Klaus Mertens (Bassbariton), Volodymyr Lavrynenko (Klavier) | Rondeau Production Nr. ROP6244

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