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Eine Feier des englischen Folksongs

Das Volkslied hat Tradition in Großbritannien. Und es wird gepflegt – auch und gerade in Form von Arrangements für Vokalensemble. Der Trinity Boys Choir hat diesem Sujet nun eine ganz CD gewidmet und nennt sie – nomen est omen – „A Celebration of British Folksong“.

Man hört so was ja gerne: die qua Arrangement zum Kunstlied erhobene Form des Volkslieds. Und am besten mit hochkarätigen Ensembles wie den King’s Singers oder Voces8. Hier aber singt ein Knabenchor, was dabei wörtlich zu nehmen ist: Man hört keine Tenöre oder Bässe, die Bearbeitungen entstanden ausschließlich für Sopran und Alt, mal unisono, mal solistisch, mal polyphon. Dadurch, dass hier jedoch keine fertig ausgebildeten Profis singen, sondern Kinder, die hörbar Freude am Singen haben, erhält diese Kompilation einen ganz besonderen Charme und atmet in jeder Note Authentizität. Zumal auch die Kleinen mächtig was können und den Hörer mit ihren glockenhellen, glasklaren und gesunden Stimmen erfreuen.

Englische Folksongs in Arrangements von Benjamin Britten (1913-1976), Peter White (*1957) und Grayston B. Ives (*1948) sowie David de Warrenne (1946-2014), der selbst Jahrzehnte Lehrer an der Trinity School of Croydon im Süden Londons, der Heimat des Chores, war: Da begegnet man guten Bekannten wie „The Sally Gardens“, „Early One Morning“ oder „The Ash Grove“, aber auch pfiffigen Bearbeitungen von vielleicht bisher eher weniger bekannten Volksliedern von der Insel. Das dokumentiert den offenbar inspirierenden Reichtum dieses Genres aufs Beste.

Und die 27 Jungs des Trinity Boys Choir sind in Topform. Am Klavier einfühlsam begleitet von Laetitia Fédérici und dirigiert von David Swinson scheinen sie selbst anspruchsvolle Arrangements mühelos aus dem Ärmel zu schütteln. Allein das ist ja schon eine Kunst, die beeindruckt. Musiziert wird zudem höchst stil- und stimmsicher und auch die fünf Solisten begeistern mit Können und Selbstbewusstsein.

Das Besondere dabei ist, dass eben nicht alles bis ins letzte Miniaturdetail perfektioniert klingt, sondern markant und mit Verve intoniert wird, schließlich singt man keine Bach-Motetten, sondern Volkslieder. Nicht falsch verstehen: Die Intonation ist sauber und die Diktion ist punktgenau (und besonders köstlich bei „The Fox“!). Aber man hört eben aufs Angenehmste, dass hier „nur“ Kinder singen. Und das rührt, bei aller erreichten Perfektion, eben auch das Herz.

Wie sagte der englische Tenor James Gilchrist mal in einem Interview: „Ich glaube, es ist typisch für englische Chöre, dass in den Proben nicht so gearbeitet wird, als sei alles ‚in Stein gemeißelt‘. Vielleicht führt das dann im Konzert zu manch klanglichen Unebenheiten und Überraschungen – aber gerade in dieser Lebendigkeit kann ja auch ein gewisser Reiz liegen.“ Und das macht auch „A Celebration of British Folksong“ aus, wobei diese CD weit mehr ist als ein mit Freude anzuhörender Tonträger ist: nämlich auch ein unschlagbares Argument für die Form des Knabenchores, wo Jungs in einem Alter, wo andere lieber Fußball spielen, lernen, über sich hinauszuwachsen und derart Großartiges zu leisten!

A Celebration of British Folksong | Arrangements englischer Volkslieder von Benjamin Britten, Grayston B. Ives, David de Warrenne und Peter für Knabenstimmen | Trinity Boys Choir, Laetitia Fédérici (Klavier), David Swinson (Leitung) | Rondeau Production ROP8003

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