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Das Rümpfen des Menjou-Bärtchens

MAINZ – Diese Musik, die Schlager der 20er und 30er Jahre: Sie sind ihm eine Herzensangelegenheit. Warum? Robert Kreis hat nicht nur ein Faible dafür – er spürt dem feinsinnigen Humor der Weimarer Zeit nach, in der vor allem jüdische Künstler die Szene beherrschten. Anfang der 80er Jahre nahm der Holländer seine deutschen Nachbarn an der Hand und stieg mit ihnen in die Archive und Antiquariate, um dort den Staub von den Plattenhüllen zu blasen.

Das Ergebnis dieser liebevollen Altertumspflege sind verschiedene Programme, mit denen Kreis als vielbeschäftigter Varieté-Künstler durch Europa tourt. „Das frivole Grammophon“ im Gepäck ist er dabei auf den Spuren von Unterhaltungs-Größen, die leider viel zu oft „Verehrt, verfolgt, vergessen“ sind. So heißen seine aktuellen Programme.

In den Mainzer Kammerspielen waren es jetzt also die „Highlights“ einer Zeit, in der mit Sprachwitz und Koketterie über die Themen gesungen wurde, die damals das Publikum juckten. Und zwar in allen Regionen des offenbar gar nicht so verklemmten Volkskörpers. Auf dem Flügel steht ein alter Plattenspieler und der Trichter glänzt im Bühnenlicht. Davor sitzt: ein Hund – „his masters voice“ als Reminiszenz an das legendäre Plattenlabel der Deutschen Grammophon Gesellschaft.

Zu hören sind natürlich bekannte Schlager wie das „Nachtgespenst“ von Rudolph Nelson, „Das Mieder mit den Spatzen“ von Eduard Lindner, „Wenn ich Richard Tauber wär‘“ von Willy Rosen und natürlich „Alles wegen de‘ Leut‘“ von Otto Reuter. Doch Robert Kreis bestreitet diesen Abend mehr mit Text als mit Gesang. Schließlich hat er in seinen über 30 Bühnenjahren viel erlebt.

Seine eigenen Erinnerungen verknüpft er mit Geschichten der 20er und 30er Jahre, als seine Idole ihre große Zeit erlebten. Eines davon ist Theo Lingen, dessen Mimik, diese indignierte Empörung selbst über den leisesten Scherz Kreis herrlich akribisch imitiert: wie er seine Nase über dem Menjou-Bärtchen rümpft und doppeldeutig ins Publikum feixt!

Das und eben das Goutieren der Sprache, mit der die Dichter damals so herzlich unbeschwert umgingen, erschaffen den Abend über eine lasziv schwüle Stimmung: Schlager, die Frauennamen im Titel führ(t)en wie „Ich bin verrückt nach Hilde, Du küsst ja wie ‚ne Wilde“, „Heut‘ war ich bei der Frieda, das mach‘ ich morgen wieder“ und, „Ich bin so scharf auf Erika wie Kolumbus auf Amerika“ machen Kreis so richtig Spaß, den er ungeteilt an sein Publikum weiterzugeben versteht.

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