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Voll im singenden Saft

MAINZ (17. Mai 2019). Wie fühlt man sich wohl, wenn man tiefenentspannt eine größere Menge starken Kaffees konsumiert? Wahrscheinlich schnellt der Puls nach oben und „die Pumpe geht“. Wer zu einer Vorstellung von „die feisten“ vielleicht abgehetzt oder gestresst ins Unterhaus eilt, der erlebt genau das Gegenteil: Mathias „C.“ Zeh schleicht katzengleich zum Mikrophon, grinst sonnenbebrillt ins Auditorium. Und sofort setzt Entschleunigung ein.

Während man selbst also blitzschnell von 100 auf 0 abbremsen darf, drehen Zeh und Rainer Schacht auf und gewinnen auch mit ihrem Programm „Junggesellenabschied“ rasch an Tempo. Zwar ist an diesem Abend kaum ein Song bislang ungehört. Unerhört gut sind sie aber alle – man kennt ja das Repertoire, die Texte und genießt die hohe Kunst des zweistimmigen Intervallgesangs mit Gitarrenbegleitung, bei dem Charisma und hohe wie empfindsame Musikalität Hand in Hand gehen. Um gleich Entwarnung zu geben: Nur der Programmtitel beschreibt ein Scheiden – nach ihrer Reduzierung vom Trio aufs Duo vor sechs Jahren stehen Zeh und Schacht weiterhin voll im singenden Saft.

Außerdem wird es Zeit, dass sich „die feisten“ mal jenes peinlichen, alkoholgetränkten Brauchs annehmen, der aus den USA und Großbritannien stammend bald auch nach Deutschland überschwappte. So singen sie von einem Junggesellenabschied über 50 („Der hier erinnert verstärkt an ein feucht gewordenes Tischfeuerwerk…“), von Aphrodisiaka und der Gefahr beim Griff in die Nussschüssel auf der Theke, von Telefonsex und Knoblauch.

Leadsänger Zeh mit seinem rauchzarten Tenor, Schachts kultivierter, grundierender Bass – beide Stimmen klingen sowohl gesungen als auch gesprochen einfach großartig. Zu ihren klug-komischen Liedern erzählen „die feisten“ hinreißend ebensolche Geschichten. Wer in einem Song auf das Wort Staphylokokken mühelos einen Reim findet, der schafft es eben auch, dass sich das Unterhaus-Publikum am Schluss begeistert applaudierend von seinen Stühlen erhebt – hier nun wirklich eine Seltenheit.

„Wir haben echt den geilsten Job der Welt“, sagt Schacht und Zeh grinst wissend. Wenn sie sich bei ihren Fans mit einem eigenen Lied für das Kommen bedanken, dann ist das weit mehr als berechnendes Kokettieren. Seit über 30 Jahren sind die beiden schon befreundet und machen zusammen Musik. „Wir sind wie ein altes Ehepaar – nur glücklich“, sagen sie. Das spürt man in jedem Ton.

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