Paartherapie vor Publikum
MAINZ (31. Mai 2013). Ein Sujet mit 15 Buchstaben, das Dekaden von Kabarettisten animierte und bis heute inspiriert? Ganz klar: Beziehungskiste – das Hin und Her zwischen den Geschlechtern war schon unzählige Male Thema. Und doch kann man diesem immer wieder eine neue Facette abtrotzen. So wie in „Ehnert vs. Ehnert – Küss langsam!“
Dass es einer Partnerschaft gut tut und einen ernähren kann, wenn man den Konflikt öffentlich auf der Kabarettbühne austrägt, wussten schon die Kollegen Hendrike von Sydow und Dieter Thomas vom Frankfurter Fronttheater. Auch Jennifer und Michael Ehnert zehren davon, bauen ihren Zoff jedoch in ein rasantes Action-Drama ein.
Klar, dass es auch hier die überempfindliche Zicke und den tumben Macho gibt – ohne diese Stereotypen kommt solch eine Vorstellung offenbar nun mal nicht aus: Anstatt noch eine Nacht mit dem baldigen Ex würde sie für den Rest ihres Lebens was „mit dem Brüderle“ haben, meint Jennifer und Michael kontert, dass ihr dafür wohl die nötige Oberweite fehlen würde – nun ja.
Doch die Ehnerts verharren zum Glück nicht dabei, sich in einer verbalen Schlacht gegenseitig fertigzumachen. Sie stehen kurz vor dem Scheidungsrichter und lassen ihre Beziehung für das Publikum noch mal Revue passieren. Als Schauspieler lernten sie sich beim Dreh kennen: Sie gab die smarte Journalistin, die beim Baukonzern einbricht um skandalöse Unterlagen zu sichern, er den taffen SEK-Polizisten, der sie stellte und sich in sie verliebte. Immer wieder wechseln „Realität“ und „Fiktion“, springen die beiden Mimen in den Rollen. Dadurch entsteht eine brodelnde Vitalität, die ansteckt.
Und zwischen Penisneid und Exfreundin, Erinnerungen und Vorwürfen stolpert das Paar auf der Mainzer Unterhaus-Bühne elegant durch eine geschickt gestrickte Story, in der auch die Elbphilharmonie, der Berliner Flughafen und Stuttgart 21, Verschwörungen und pointiert platzierte weitere aktuelle Anspielungen ihren Platz haben: „Mit diesen Eigenschaften kann man Bildungsministerin oder Trickbetrügerin werden – oder beides!“
Der rote Faden ihrer Beziehungskrise ist dabei straff gespannt und wird durch manche Sottise in Schwingung gehalten: Er hält sich bei der Hausarbeit zurück um sich nicht „in ihre Privatsachen einzumischen“, sie beglückt ihn hingegen mit „menstruationsbedingtem Tourette-Syndrom“. Mit hohem Tempo rast man durch den Scheidungs-Drive in („Mit Streit oder ohne?“) und erntet im Publikum nicht nur wohlige Lacher, sondern auch so manche Zustimmung: „Das ist ja wie bei uns, Katrin“, hört man hinter sich einen Mann glucksen. Die Ehnerts wissen also, worüber sie streiten…