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Die hohe Kunst des flachen Niveaus

MAINZ (6. Februar 2013). Er und sie – sie und er: Eigentlich ist das Thema im Kabarett durch und nicht zu Unrecht beschweren sich die Gazetten, dass selbst den Narren in der Bütt aktuell oft nichts anderes einfällt die Beziehung zwischen Mann und Frau solange durchzukauen, bis alle Substanz dahin ist. Es sei denn, das ewig Alte wird in neue Gewänder gehüllt.

Zwei Herren, denen dies seit langem wörtlich gelingt, sind Christoph Dompke und Christian Willner aus Berlin als Duo „Emmi und Herr Willnowsky“: Auch sie geben das zänkische Ehepaar – aber in was für einer Konstellation! Emmi (Dompke), die große, grell überschminkte alternde Diva mit kränkelnder Selbsteinschätzung als Kammersängerin in den besten Jahren auf der einen Seite und Herr Willnowksy (Willner) als kleiner Gatte und russischer Exilpianist auf der anderen. Sie geben sich nichts, sondern klauen sich gegenseitig die Butter vom Brot – mit dem Ergebnis, dass beide ihr Fett wegkriegen und das Publikum doppelt satt wird.

Doch worin liegt nun das Erfolgsgeheimnis? Wo andere den alltäglichen Banalitäten Lustiges abzutrotzen versuchen wählen Emmi und Willnowsky die bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Karikatur und biegen ihre Beziehung fast bis zum Brechen. Getreu der Weisheit, dass sich neckt, was sich liebt, muss die Zuneigung dieses „Ehepaares“ gemessen an den gegenseitigen Demütigungen und Beleidigungen übergroß sein.

Da das alleine jedoch kaum tragen kann, brechen die Künstler ihr Konzept durch ein Flächenbombardement an guten wie schlechten Witzen auf, das dem Zuhörer keine Chance lässt, über die Qualität der einzelnen Pointen nachzudenken – er prustet auf Verdacht los, wenn er es vermag dem Geist eine Auszeit zu gönnen.

Die Stimmung im Unterhaus ist also bombastisch und die Tuchfühlung mit dem Publikum kommt ungekünstelt wie spontan daher. Zu jedem fällt den beiden Mimen etwas ein: Kommt einer aus Frankfurt, kommentiert Willnowsky mit schnarrendem Akzent „Schlampig bombardiert!“, ist einer im mittleren Alter sind das „die gerade für Deutsche schwierigen Jahre zwischen 33 und 45“. Und die Frau, die ihr Leben lang ein Auge zudrückt, tut dies am Ende um zu zielen.

Tonprobleme werden weggekalauert und wenn Emmi ein Couplet anstimmt, zerschießt Willnowski es mit Werbejingles oder eben Witzen. Dazwischen gibt es philosophische Anwandlungen („Der Tag hat 24 Stunden und eine Kiste Bier 24 Flaschen – ein Zufall?“) und geistige Umkehr, wenn Trinker Willnowksy seiner Gattin verspricht ein anderer Mensch zu werden und schon nach kurzer Zeit rückfällig fragt: „Wie konnte ich denn wissen, dass der auch säuft?“ Niveau beständig derart flach zu halten ist auch schon wieder eine hohe Kunst.

Weitere Informationen und Termine gibt es im Internet unter http://www.emmi-online.de.

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