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Hazel hat die Hosen an

MAINZ (4. April 2019). Alle zwei, drei Jahre schreibt Hazel Brugger ein neues Programm. Doch eigentlich könnte sie sich die Arbeit sparen: Am Ende steht sie auf der Bühne des Frankfurter Hofes und beantwortet als Zugabe Fragen aus dem Publikum: Wann ist sie wieder in der „heute-show“ zu sehen? Oder: Liest sie gerne? Mit rustikalem Charme steigt Brugger in den Dialog ein, beweist perfekte Stand-up-Qualitäten.

Dabei wird deutlich, was einen Comedian vom normalen Zuschauer unterscheidet: Während dieser alltäglichen Situationen wie der Abgabe einer Urinprobe beim Arzt kaum Beachtung schenkt, scannt Brugger das Leben immer daraufhin ab, ob sich daraus eine kleine Geschichte destillieren lassen könnte. Die junge Schweizerin ist bereits eine Meisterin in diesem Fach und erzählt Sachen, die man so detailliert gar nicht wissen wollte: Dass sie mit Spirale verhütet zum Beispiel. Mögliches Schamempfinden wird jedoch mühelos weggelacht, so urkomisch gelingt ihr das. Bruggers Offenheit siegt, ist unglaublich einnehmend.

Im Fernsehen ist sie durchaus politisch, in ihrem Youtube-Kanal „Deutschland Was Geht“ erklärt sie in einer Art „Sendung mit der Maus“ für Erwachsene die Welt, verspeist höllisch scharfe Currywurst, besucht den Kölner Karneval oder in Mannheim eine Esoterik-Messe. Auf der Bühne parliert sie im Plauderton über ihre Familie: „Meine Eltern kommen jetzt in ein spannendes Alter: Bei jedem Besuch können sie etwas Neues nicht mehr.“ Und bei teureren Möbelanschaffungen fordert sie inzwischen Mitspracherecht. Ein Besuch beim Frauenarzt? Kein Problem: Jede Dame im Publikum erinnert sich an die Geräte, die immer exakt 14,5 Grad Celsius kälter wären als die Raumtemperatur. Sie ohne Hosen zusammen mit einem alten Mann? So stellt sich die 25-jährige ein Date mit dem Papst vor: „Aber halt: Dafür bin ich 20 Jahre zu alt – und eine Frau.“ Brugger schießt gnadenlos aus der Hüfte.

Für eine Talkshow im eigenen Wohnzimmer mietet sie einen Kauz – herrlich, wie sie den Vogel mimisch darstellt: „Sieht aus wie eine zu heiß gewaschene Eule.“ Eine Gans wäre ihr zu hinterhältig: „Diese RTL II-Variante eines Schwans.“ Galant erklärt Brugger die Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland, wo sie („Für’s Finanzamt: zu 40 Prozent.“) mittlerweile auch lebt. Helvetische Autobahnen gleichen einer wohlgesitteten Familie, deutsche hingegen einer frustrierten und vom Leben gezeichneten alleinerziehenden Mutter von acht Kindern. Und wenn sie einen Kredit benötigt, übt sie in einem deutschen Geldinstitut den Antrag, bevor es in der Schweiz dann in eine richtige Bank geht. Brugger ist eigentlich schon am Ziel einer jeden Comedienne: Dieser Frau möchte man stundenlang zuhören.

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