Alles nur Show
MAINZ (15. November 2010). Jörg Knör? Der begnadete Parodist? Ist der noch aktiv? Aber ja! War es in 90er Jahren eine starke Fernsehpräsenz, die ihn mit öffentlich-rechtlichen wie privaten Formaten bekannt machte, hat Knör die Kleinkunstbühne wieder für sich entdeckt und gab seit langem mal wieder ein Unterhaus-Gastspiel.
„Alles nur Show“ ist auf die Bühnenkulisse gesprüht und Titel seines Programms. Und eben dieses Business ist es, an dem sich Knör wie an einem reichhaltigen Buffet bedient: Man kann die echten und vermeintlichen Größen gar nicht alle aufzählen, die der Parodist in gut zwei Stunden aufs Korn nimmt – mal täuschend ähnlich, mal angedeutet, aber stets mit einem gut platziertem Tritt in die geistigen Weichteile.
Literarisches Kabarett will er nicht bieten und hat doch einige politische Aktualitäten an der Hand: „Tadel vom Chef oder doch nur Gekläff?“ besingt er Schäubles Führungsstil und kommentiert den tagesaktuellen Boulevard rund um skandinavische Monarchen mit König Carl-Gustav und seiner angeblichen Gespielen Camilla Henemark: „Die beiden sind derzeit die bekannteste schwedische Pop-Gruppe.“
Die Zoten kommen elegant daher und manch stilistische Entgleisung nutzt Knör, um im gewandten Bogen sein Publikum schnell wieder einzufangen, so dass am Schluss für jeden etwas dabei ist: Richtig gute Parodien und Pointen, die der Prominenz mal garstig auf den Zahn fühlen und ihre Marotten auch durchaus liebevoll goutieren. Dazwischen greift Knör immer wieder zum Stift und schraffiert gekonnt Überzeichnungen aufs Plakat, die er dann im Publikum verteilt.
Und das sind seine Satiren denn auch – vokale Karikaturen, die wissen, dass sie ihre Daseinsberechtigung allein aus den Spleens ihrer Opfer beziehen: Da ruft Dieter Bohlen nach einem Einbruch panisch zuerst die Bild-Zeitung an, singt Jopi Heesters mit voller Kehle den Song „1000 Mal püriert“, wird Kohls Birne zu Merkels Frisur, preist Karl Lagerfeld seinen Pferdeschwanz und agiert der Papst als Telefonseelsorger für einen 12-jährigen „Darmspatzen“. Die Witze sind zuweilen scharf, vielleicht dadurch auch ein bisschen geschmacksbetäubend, doch immer wieder kriegt Knör die Kurve. Und wenn er dafür eine Kinderkassette imitieren muss: „Heute: Benjamin Blümchen hat Durchfall – Diarrööööö!“
Letztendlich will Knör unterhalten und das Wörtchen „nur“ im Titel zeigt, dass der Parodist sich selbst genauso wenig ernst nimmt wie seine Opfer. Und er teilt großzügig aus, wenn er wortgewitzt Germanys next Top Models besingt. Die machten immerhin einen Knochenjob und ein Liedstrich sei hier schon fast Höhlenmalerei. Und da bleibt nur doch die Hoffnung: „Die letzte Runde geht auf mich…“