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Draußen vor der Tür

MAINZ (29. Oktober 2019). Was hat an diesem Abend wohl für ein ausverkauftes Unterhaus gesorgt: Das Stück „Der letzte Raucher“ von Mark Kuntz, der junge Schauspieler Johannes Hallervorden oder sein als Gast angekündigter Vater?

Dass der erst im Anschluss an das Ein-Personen-Stück die Bühne betrat, war insofern kein Verlust, weil der Filius dem Herrn Papa als Mime zeitweise gleicht wie ein Ei dem anderen: der Blick, Mimik und Gestik, die Tonlage bis hin zu einzelnen Phrasierungen – all dies liegt bei Hallervordens offenbar in den Genen. Beste Voraussetzungen also, in „Didis“ Fußstapfen zu treten?

Das Stück ist schnell erzählt: Der Mime wird zum tragischen Helden, denn während eines Abendessens wird der zum Rauchen auf den Balkon Geschickte vergessen, während Gastgeber und Gäste um die Häuser ziehen. Mit genügend Kippen und einer Kiste Wein vertreibt sich Johannes Hallervorden nun die Zeit. Dabei sinniert er über das Rauchen, über das Gefühl der Ausgrenzung, Sinn und Unsinn von Ge- und Verboten, den mittlerweile zum Heiligen Krieg mutierten Kampf der Nichtraucher gegen den blauen Dunst.

„Der letzte Raucher“ ist ein Pointen-Panoptikum mit hoher Schlagzahl, was Hallervorden routiniert präsentiert. Die Nummer mit dem Zigarettenautomaten, der den Tabakgenießer zuerst mal einer peinlichen Befragung unterzieht (und zwar mit einem Organ, das an eine Stimmprothese nach einer Kehlkopf-OP erinnert), könnte auch als Kabarett-Nummer für sich stehen. Ebenso die skurrile Telefon-Hotline für Rauchverhinderte („Ohne Filter kostet extra.“): Hier ist Johannes einmal mehr ganz nah bei Dieter Hallervorden.

Trotzig wähnt sich der Raucher als Mitglied einer Risikogruppe in einem Atemzug mit Trinkern, Sport- und Gemüsemuffeln in guter Gesellschaft und wundert sich über Rauchverbote auf zugigen Bahnsteigen unter freiem Himmel. Seine Leidensgenossen ruft der Held zur Revolte auf: „Raucht dort, wo Ihr es nicht dürft – Provokation, Diskussion, Revolution!“ Oder sie ziehen nach Rumänien, wo die mittlerweile europaweit verhängten Rauchverbote noch nicht beachtet werden. Irgendwann kommt der Gastgeber von der Kneipentour zurück – der Ex-Raucher ist rückfällig geworden. Wenigstens ein Triumph: Der letzte Raucher ist nicht mehr allein.

Im anschließenden Talk stehen Vater und Sohn dann gemeinsam auf der Unterhaus-Bühne, berichten von Auftritten in Dieter Hallervordens Schlosspark-Theater Berlin. Dabei erfährt das Publikum unter anderem, warum der Senior noch so fit ist: Er macht jeden Morgen eine Stunde Sport, schwimmt und joggt. Das empfehle er jedem: „Dir auch“, neckt er den Sohnemann. Und der steht als Nachfolger ja schon parat, wenn „Didi“ sich irgendwann tatsächlich mal zur Ruhe setzen sollte.

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