» Kleinkunst

Musik mit Links gemacht

MAINZ (11. April 2019). Schreck und Trauer saßen tief: Nicht nur bei Tobias Reisige und Markus Conrads, als ihr Freund und Bühnenpartner, der Gitarrist Anto Karaula, im vergangenen Jahr völlig unerwartet verstarb. Das gemeinsame Musiktrio „Wildes Holz“ stürzte in eine Existenzkrise, doch schon bald hieß es: Show must go on.

Und so geschah es: Mit Djamel Laroussi haben Reisige (Blockflöten) und Conrads (Kontrabass) nicht nur einen würdigen Nachfolger Karaulas gefunden, sondern „Wildes Holz“ mit einem Faszinosum komplettiert, denn der aus Algerien stammende Musiker spielt als Linkshänder die Rechtshänder-Gitarre einfach umgedreht – verkehrte Welt, die aber richtig gut klingt.

Im Unterhaus präsentierten die drei komödiantischen Vollblutmusiker nun ihr neues Programm. Es heißt „Höhen und Tiefen!“ und bildet mit seinen Intervallsprüngen durch Epochen und Stile sicherlich auch ein wenig der mittlerweile mehr als 20-jährigen Biografie von „Wildes Holz“ ab: ausgelassene Heiterkeit, gewiss, aber eben auch ein Hauch Melancholie – die Musik steht über der Posse. Einziger Kritikpunkt: Manche Stücke sind recht lang – Weniger böte hier Platz für Mehr. Aber das ist eine Petitesse gemessen an dem, was das Publikum an diesem Abend geboten bekommt.

Das Trio hat zum Glück nichts von seinem Feuer eingebüßt, sondern brennt weiterhin wie Zunder: Tobias Reisige bläst seine Instrumente von der Sopranblock- bis zur Bassflöte mit Luft und Lust gleichermaßen, Markus Conrads nimmt die Bezeichnung Schlagbass durchaus wörtlich und Djamel Laroussi begeht einen kessen Saitensprung nach dem anderen und entlockt der Gitarre nie gehörte Töne. Diesen Künstlern zuzusehen und zuzuhören macht einfach Spaß hoch zwei.

Neben der unbändigen und hochinfektiösen Freude an der Musik, die diese charmanten Sympathieträger verbreiten, begeistern natürlich vor allem die pfiffigen Arrangements. Da gibt es keine „Höhen und Tiefen!“, da jagt ein klingender Knalleffekt den nächsten: Die Eigenkompositionen bekommen durch Laroussi eine interkulturelle Facette, Barock trifft auf Rock, man hört „Take On Me“ von a-ha oder „Viva La Vida“ von Coldplay. Selbst Madonna („Die Flöte kommt ihrer Stimme am nächsten.“) ist mit „Like A Virgin“ dabei. Das Unterhaus-Publikum ist völlig aus dem Häuschen. Und auch Anto Karaula würde das neue Programm gefallen haben. Bestimmt.

zurück