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Sternstunden a cappella

HATTERSHEIM (14. Juli 2022). „Stardust“, zu Deutsch Sternenstaub heißt das Programm, mit dem Voces8 in diesem Jahr ihre Fans im Rheingau Musik Festival erfreuen. Der Begrüßungsapplaus ist schon mal donnernd und die Vorschusslorbeeren sind alles andere als unberechtigt: In rund 90 Minuten kreieren die britischen Sängerinnen und Sänger wahre Sternstunden der A-cappella-Kunst.

Die Pandemie nutzten sie, um online ihr Publikum bei der Stange zu halten und sicherlich auch neues zu gewinnen. Aus dem eigenen, höchst professionell eingerichteten Voces8-Studio sendeten sie mit „Live from London“ beeindruckende Konzerte und nahmen nach eigenen Angaben allein 2021 für kulturelle Organisationen damit über eine Million Pfund ein. Auf dem eigenen YouTube-Kanal ist Voces8 mit über 300 Videos vertreten. Doch dieses Ensemble live zu hören, ist einfach Musik pur.

Das Konzert, das das Publikum durch 500 Jahre Chormusik führen wird, beginnt mit William Byrds „Laudibus in sanctis“, man hört die Motette „Selig sind die Toten“ von Heinrich Schütz, das Kyrie aus der Missa für Doppelchor Es-Dur op. 109 von Josef Rheinberger und am Schluss des ersten Teils das ebenfalls achtstimmige „Magnificat primi toni“ von Giovanni Pierluigi da Palestrina. Eingestreut erklingen zeitgenössische Kompositionen, unter anderem das Titelstück „Stardust“ des 1980 geborenen Taylor Scott Davis.

Eigentlich ist es ja egal, was Voces8 singt – bei einem gleich grandiosen Schauspieler würde man selbst der Rezitation aus einem Telefonbuch hingerissen lauschen: Wie diese Sängerinnen und Sänger miteinander verschmelzen, einen satten, glaubhaft Masse imitierenden Chorklang kreieren und hauchzartes Piano zaubern, ist faszinierend. Dass derartige Perfektion Kräfte zehrend sein muss, lässt Voces8 indes noch nicht mal erahnen: Man blickt in freundliche Gesichter, die, da sie ja auf keinen Dirigenten schauen müssen, mit wachem Blick den Kontakt mit dem Publikum suchen und einfach nur Freude an dem haben, was sie da tun: Hier scheinen acht Menschen ihre Bestimmung gefunden zu haben.

In Davis‘ „Stardust“ sind es meditative Klangfolien, die sich übereinander schieben und eine bezaubernde Klangarchitektur kreieren. Man hört geschmackvolles, dynamisches Farbenspiel bei Rheinberger, wo der Gesang das Gemüt erleuchtet wie Sonnenlicht, das durch ein buntes Kirchenfenster fällt. Mit schier unglaublichem Lungenvolumen werden Schlussakkorde ausgehalten – chorisches Atmen fällt bei dieser Besetzung ja flach. Dass Voces8 so unvergleichlich schön klingt, liegt auch an der offenbar hörbar gepflegten Gesundheit dieser Stimmen, die sich in jedem Augenblick des Konzerts perfekt mischen. Der reine Klang ist nie steril, nie forciert: Die acht Sängerinnen und Sänger sind Teile eines „Instruments“.

Der zweite Teil verlässt die geistliche Musik: Es gibt unter anderem die vom legendären Ward Swingle arrangierte „Boureé aus der Englischen Suite Nr. 2 a-Moll von Johann Sebastian Bach und Jazz von Nat King Cole oder „I Won‘t Dance“ von Jerome David Kern (beides eigens für Voces8 eingerichtet von Jim Clements), in dem das Ensemble à la The Manhatten Transfer brilliert. Auch solche Klänge schütteln die Acht locker aus dem Ärmel wie nichts. Voces8 entlässt sein Publikum schließlich mit der Zugabe „Denn er hat seinen Engeln“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Tatsächlich durfte man sie zuvor bereits singen hören.

Das Konzert wurde von hr2 mitgeschnitten und ist am 29. August 2022 ab 20.04 Uhr im Rahmendes ARD-Radiofestivals in der Sendung hr2-kultur zu hören. Das Programmheft zu diesem Konzert findet sich unter https://www.yumpu.com/de/document/read/67057272/k039-voces8.

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